Ich springe selten – leider, denn ich hab einfach nicht den Platz dazu – außerdem fehlen mir dann die Hindernisse. Aber früher bin ich gerne gesprungen, allerdings hatte ich ja nicht unbedingt die beste Pferdeauswahl: Der Mörderschimmel oder der Todesstern. Aber: Ich hatte auch noch die Omma. Die Omma war ein ausrangiertes Springpferd und sprang alles. Wenn man sich nur gut festhielt. Hält man nicht gut fest, passiert Folgendes:

Wir sind nur 3 Leute, es ist sauwarm draußen und wir einigen uns auf maximal eine halbe Stunde Springtätigkeit während der Abendstunden, schon aus Rücksicht auf die Omma.
Die Mitreiterin mit dem gerade schon zerfließenden Selbstläuferpferd mault – alle müssen Rücksicht auf meine Omma nehmen, wie kann das angehen, sie zahlt doch die halbe Stunde.
Sichtlich entnervte Reitlehrerin bietet ihr an, nur eine halbe Stunde zu bezahlen (jetzt erst recht – gerade diese Sommerwischiwaschi Stunden werden dann nämlich gerne gar nicht berechnet, weil es eh zu warm ist um vernünftig was zu lernen), oder eben die ganze Stunde wahrzunehmen, für sich allein.
Mutter Selbstläuferpferd ist natürlich für die zweite Variante. Das Kind muss was lernen. Das Ganze lautstark, in feinstem kölschen Asidialekt. Dabei verläuft schon ihre Schminke, denn es ist wirklich heiß. Steht allerdings auch in der Sonne.

Ich selbst möchte eigentlich nur zwei drei Hüpfer machen und die Omma dann entlassen. Die ist 24 und muss nicht bei 30° herumspringen. Die Omma sieht das Ganze aber anders. Wo Parcours draufsteht, ist auch Parcours drin, den muss man springen. Dazu später mehr.

Mit mir in der Halle ist ein hüpfiges Schulpferd, dass gerne fliegende Wechsel springt. Und zwar so schwungvoll, dass die Springanfängerin obendrauf gleich mitspringt und zwar in den Sand. Schon direkt in der ersten Galopprunde zum warmmachen. Der war wohl mal ein heimliches Vollblut, denn der reagiert auf winzigste Gewichtshilfen mit umspringen. Sie liegt im matschigen Sand und schimpft vor sich hin.

Omma unterdessen schwitzt nicht, aber sie nervt. Da sind Hindernisse und sie darf noch nicht drüber. Geht gar nicht an. Sie trötet massivst und verstört so das Selbstläuferpferd, das plötzlich aus der Hypnose aufwacht und geritten werden will. Das kann die Besitzerin aber leider nicht und ist fortan völlig überfordert. Das ärgert die Reitlehrerin, die jetzt schimpft. „Du musst auch mal irgendwas machen, der latscht grad nur außen herum und glotzt.“
Mutter Selbstläuferin ist entsetzt und faltet das Mädel gleich mit zusammen. Lautstärke wie an der Bushaltestelle im Ghetto.

Die Omma darf den ersten Sprung machen und rast mit Tröten und Fanfaren darauf zu. Ich höre zwar „langsam“, aber … mja … was die Omma sich in den Kopf gesetzt hat, das wird auch so gemacht. Meine Reitlehrerin ist eh schon fuchsteufelswild und verlangt nach dem Sprung, selber mal eine Runde mit der Omma zu drehen. Die muss doch irgendwie zu bremsen sein, das ist ihr schon öfters ein Dorn im Auge gewesen.
Das Selbstläuferpferd zerläuft mittlerweile und ist weiß. Hat auch was. Meine Reitlehrerin kaspert mit der Omma durch den Parcours – sehr schnell. Urteil: Na, gut, die geht halt nur Zeitspringen. Omma ist happy, sie ist gesprungen und trötet munter vor sich hin. Der Trakehnerirrsinn kommt heraus und sie wird übermütig, buckelt ein bisschen und mag nicht mehr stillstehen.

Das Schulpferd ist währenddessen unterwegs zum Sprung. Das Selbstläuferpferd auch, das flutscht, dank Schweiß, nur so über die Hindernisse. Und wird prompt aus der Halle geschickt: „Der hat echt genug, der ist ja jetzt schon fertig.“ Dabei springen wir seit dem Warmmachen keine zehn Minuten. Mutter protestiert, aber dem Kind ist dieses „reiten“ eh zu anstrengend, jetzt besteht sie nicht mehr auf ihre Stunde.
Statt dem Selbstläuferpferd flitzt aber in einem unbeobachteten Moment das Schulpferd raus, der denkt, er hat jetzt Feierabend nach dem einen Sprung. Geschwitzt ist der übrigens nicht. Reitlehrerin bricht ab. Lassen wir das für heute.

Ich gehe mit der Schulpferdreiterin nach draußen, um noch ein bisschen Wind zu fangen und steige ab. Ist ja eine Omma. Omma benimmt sich genau fünf Minuten ommahaft, fängt plötzlich an zu steigen und reißt sich los. Ich kann gar nicht so schnell gucken, da ist sie bereits wieder im Stalltrakt zur Halle. Höre Getröte, scheint ihr also gutzugehen.
Als ich selbst dort ankomme, inklusive Schulpferd im Gepäck, dessen Reiterin ebenfalls abgestiegen ist, ist Omma schon wieder in der Halle. Was macht die da? Noch ne Runde drehen.

Versteh die einer.

Foto: Der Quatsch hätte auch von ihm kommen können. Der springt auch viel zu gern. Auch über Zäune …