Reiter hassen den Winter, denn sie haben panische Angst vor Schnee und Eis. Das ist schließlich mit Verletzungen verbunden und natürlich mit Kälte, die Reiter beim Pferd mit Decken in allen Farben und Formen vertreiben, beim Reiter selbst mit feschen Socken und diversen Stiefeln, die jedes Jahr aufs neue mit dem Prädikat: Hält gar nicht warm! versehen werden.
Handschühchen haben Hochkonjunktur und werden passend zur Schibbi-Schabbi ausgewählt, nicht unbedingt danach, ob sie warm halten. Auch sonst wird alles in puschelig rausgeholt, da haben wir dann auch wärmere Gamaschen mit Lammfell, eine fluffige Schibbi-Schabbi und der neueste Trend: Nierendecken.
Ich bin wohl ein Hipster, denn die Galopper benutzen die schon ein paar Jahrzehnte länger und haben die feschen Newmarket Deckchen schon ewig. Früher ging das bei Reitpferden ohne, jetzt ist es eine Offenbarung.

Aber auch sonst ist der Winter natürlich eine gefährliche Zeit, wenn man mal von Kälte und Unfallgefahr absieht, denn zusätzlich zur Unfallgefahr gründen die Pferde im heimischen Stall spontan den Suicide Circel und rasten völlig aus – sind doch knackig, weil sie ja nicht mehr auf die Weide kommen. Auch sonst glauben ja viele Besitzer, dass es vollkommen reicht, einmal 20 Minuten darauf herumzujückeln und dann ist das Pferd bestens entertained.

Eigentlich sind nur die Mitreiter mit den ausgelasteten Pferden entertained, denn die amüsieren sich im Stillen doch königlich über das klassische: Mein Pferd ist ein Boxenpferd – Gespann, denn man hat plötzlich hauseigenes Rodeo zu jedem Tag in der Woche. In der Halle ist der Teufel los und warum sollte man noch teure Eintrittskarten zahlen, wenn man das im Winter gratis bekommt? Oftmals sind die Pferde dann auch knallhart, auf dem vereisten Boden vor der Halle losrasen, oder aber direkt auf die Nase fallen – sie können es alle sehr gut und selbst die Pferde die rauskommen, scheinen das Prinzip Eis = rutschig, nicht so gut zu verstehen.

Eckengespenster treten im Winter sehr zahlreich auf, aber auch raschelnde Sauerstoffmoleküle, die Pferde und Ponys beißen und natürlich der Weihnachtsmann, der schon wieder auf dem Hallendach gelandet ist. Überhaupt reitet man im Winter natürlich in der Halle, sofern man eine hat – da ist es ja bekanntlich mindestens 3° Grad wärmer als auf dem Platz. Und dunkel ist es ja auch schon ganz früh, da lassen wir das Pferd lieber ganz stehen. Das braucht ja auch mal frei.

Ausreiten nur im Pulk und nur unter totaler Anspannung. Nicht nur, weil es glatt sein könnte, sondern weil alle Pferde kollektiv darauf warten, dass sie einen Grund zum Ausflippen bekommen. Und so Daunenjacken rascheln natürlich richtig schön. Komme ich solchen Gruppen im Winter entgegen, psschten die mich an. Weil ich zu laut atme. Oder weil mein Herzschlag zu laut ist. Mein Pferd weigert sich nämlich im Winter frisch zu werden.

Und dann ist da ja noch Facebook, das muss auch mit winterlichen Fragen bestückt werden (die jedes Jahr im Winter gleich sind):

„Wie kann ich Aufstollen verhindern?“
So wie jedes Jahr …

„Es ist so früh dunkel, wie soll ich mein Pferd bewegen?“
So wie immer …

„Mein Pferd ist so frisch, wie kann ich es in der Box beschäftigen?“
Finde den Fehler …

„Was schenkt ihr eurem Pferd zu Weihnachten?“
Nichts, es schenkt mir ja auch nichts.

Foto: Winterlich unterwegs.