… dann ist das ein bisschen so wie mit Kindern in der Trotzphase. „Magst du dies?“ – „NEIN!“ – „Magst du das?“ – „NEIN!“ – „Magst du deine Lieblingssüßigkeit?“ – „NEI… doch …“
Ungefähr so läuft das auch mit Pferden ab. Die sind geistig nämlich irgendwo um die drei Jahre alt und kommen manchmal aus der Trotzphase nicht raus. Ich meine – mein Pferd ist 15. Da sollte man doch erwarten, dass man nicht bockig mit den Hufen aufstampfen muss, um dann zu sagen, „NEIN, NEIN, NEIN!“ Kann man ja auch nett machen. Aber von vorn.

Ich komme in den Stall, ein munteres Lied auf den Lippen, ich bin frohen Mutes heute eine richtig super Trainingseinheit auf dem Platz zu haben, doch halt! Da steht es schon am Zaun. Irgendwas hat ihn schon auf der Weide so verärgert, dass er jetzt da steht und rein will. Das Gras ist zu grün, zu lang, zu kurz, das Pony zu verspielt, zu wenig verspielt, die Nachbarn waren zu laut, oder zu leise – kurzum, wenn er will, dann stört ihn alles. Der Wind ist zu laut, der Wind ist zu wenig, da waren doofe Leute am Zaun, da waren zu wenig Leute am Zaun – ach, die Liste ist lang und wenn ein Pferd sich etwas auserkoren hat, das es jetzt stört, dann kann man da auch gar nichts gegen machen.

Wenn mein Pferd schlechte Laune hat, dann büffelt er. Keinen Bock auf das Pony zu warten, keinen Bock auf mich zu warten (ich muss ja das Tor auch beiseite schieben) und überhaupt keinen Bock auf der richtigen Seite zu gehen. Mein Pferd geht eigentlich rechts von mir. Das weiß er auch. Er ignoriert das nur, wenn er schlechte Laune hat. Er weiß außerdem, dass ich erwarte, nicht überholt zu werden. Auch das ignoriert er, wenn er schlechte Laune hat. Ich lasse mir das bis zur Ponybox noch gerade so gefallen, da ich ja auch noch das Pony an der Hand habe. Auch das kennt er und weiß: Ich warte vor der Box am langen Strick, den Frauchen noch in der Hand hat. Ich busgiere das Pony in die Box (wenn man es nicht komplett dabei bewacht, rennt es nämlich raus und schaut sich auf dem Hof um) und mein Pferd wartet draußen. Nein, Moment, es ist pissig, es hat keine Lust zu warten. Es will also davonwackeln. Obwohl ich noch am Pony hänge und dem das Halfter abziehe.

Spätestens da geraten wir das erste Mal aneinander, weil ich der schlechten Laune Einhalt gebieten muss. Die wird nämlich lästig. Wir zanken uns also, mein Pferd wandert an den Anbinder. Ich warte kurz ab (man soll ja nicht die Aufmüpfigkeit belohnen), und dann, wenn ich meine, dass er ruhig steht, kriegt er vielleicht einen Keks. Der wird dann mit angelegten Ohren gemümmelt. Nach dem Motto: „Ich hasse heute trotzdem alles und jeden“.
Und dann fängt das mit dem Missverstehen an. Ich zeige auf den Hintern (das heißt: „Geh rum“) und mein Pferd geht rückwärts, vorwärts und macht auch gleich richtig Theater: „Nicht schlagen, nur weil ich das nicht verstanden habe.“ Ich halte es übrigens für ein Gerücht, dass ich immer nur dann angeblich falsche Kommandos geben soll, wenn er schlecht gelaunt ist – nur fürs Protokoll für diejenigen, die meinen, das ist IMMER nur der Mensch schuld.

Ich sattle (je nachdem, wann wir eine Diskussion geführt haben, ob man schlechte Laune an mir auslassen muss) geht das sehr gut. Oder sehr schlecht.
Auf dem Weg zum Reitplatz fängt dafür dann das Glotzen an. Hab ich ja alles NOCH NIE gesehen. Wuuuuuh!
Im Schritt ist das dann noch okay. Im Trab scheppert das Pferd irgendwie über den Platz, während es drei Hufschläge für sich braucht und die Zähne fletscht. Alles schlimm und böse. Dabei wollte ich doch was Nettes machen. Da hilft nur: Idiotenzeugs machen. Schritt, abbiegen auf Schenkeldruck, rückwärts, Stangen, einparken, solche Sachen. Die Grundbasics am Pferd. Die sind ihm schließlich auch gerade in seiner Laune abhanden gekommen. Warum? Das nervt ihn dann so sehr (kann ich schon!), dass er andere Arbeit dann plötzlich zu schätzen weiß. Eben wie die Kinder in der Trotzphase.
„Willst du traben?“ – „NEIN!“ – „Willst du galoppieren?“ – „NEIN!“ – „Willst du JETZT traben und zwar anständig?“ – „NEI … doch …“

Foto: Voll schlechte Laune.