… trittst du in sehr viele Fettnäpfchen im Stall. Denn dein Pferd ist einfach zu normal. Dem muss man nicht das Essen vorkauen, das bekommt auch nicht aus Kanada irgendwelches Sonderfutter eingeflogen, dem darf man sich auch nicht erst nähern, wenn sich seine Chakren alle rechts herum drehen und auf die Weide stellen oder reiten kann man es auch. Eben einfach ein Pferd! Damit fällt man auf. Witzig oder? Wenn man ein ganz normales Pferd hat, nicht gerettet, nicht gepäppelt, nicht in Watte gepackt und Schwupp – da ist man irgendwie die Komische in manchen Ställen. Als wäre man eine totale Rabenmutter, die sich nicht kümmert. Oder gar die Dreistigkeit besitzt, sich ein stinknormales Pferd ohne Traumata oder Schlachtandrohung zu kaufen.

Ja, das fängt schon auf der Weide an. Stellt man sein Pferd ohne Decke und zehn Hufglocken raus, wird man von manche einer Pferdemutti schon komisch beäugt. Rastet man nicht aus, weil die Gäule da jetzt ein bisschen rumfetzen, ist man erst recht die Komische, der das Wohl des Pferdes wohl am Allerwertesten vorbeigeht und überhaupt: Liebe kann DAS ja wohl nicht sein. Stellt man dann gar so fiese Fragen wie: „Warum hat denn dein Pferd Hufglocken und ne Decke an?“ bekommt man so was Halbgares zu hören wie: „Dem ist kalt.“ An den Hufen oder was? Ich meine, klar manch ein Pferd zieht sich sonst auf der Weide die Eisen aus. Aber das ist es bei solchen Muttchen ja nicht.

Weiter geht es dann bei der Fütterung. Machst deine Tonne Hafer auf und wirfst auch noch Heu rein. Stehen zehn Leute drumherum, die sich fragen, warum das Pferd nicht Müsli Sensitiv, eine Magenkur und noch was für die Haare bekommt. Kommen dann zu dem Schluss: Die liebt wohl ihr Pferd nicht. Gibt auch kein gutes Tonic Water ins Wasser. Und das Heu ist weder bedampft, noch handverlesen, noch aus der Mongolei importiert. Wie kann dieses arme Geschöpf nur überleben? Ja, sorry, der braucht halt einfach nichts Besonderes. Nur Futter. Ab und zu muss ich mal gucken, dass der Magen in Ordnung bleibt, dann bekommt er ein Pulver. Jetzt zufrieden? Ne … ist irgendwie immer noch sehr suspekt.

Beim Reiten offenbart sich dann alles. Ich meine, mein Pferd kann jeder reiten. Wenn er es denn schafft zu satteln. Das ist nicht so einfach und das nervt mich eher, als dass es mich mit Stolz erfüllt. So kann man eben nicht mal fragen: Hey, kannst du mal mein Pferd bewegen? Nö … da muss man immer ne genaue Anleitung mitgeben. Gibt man die aber mit, dann kann da auch jeder drauf. Auch ein Kleinkind (dass es Spaß macht, habe ich ja nicht gesagt). Andere Leute keulen sich einen drauf, wenns Pferd nur bei ihnen mitmacht. Aber die haben auch tausend Ausreden, warum es nicht mal bei ihnen mitmachen MUSS. Trauma, misshandelt, schlimme Vergangenheit. Wenn’s nach meinem Pferd geht, hat der auch eine doll schlimme Vergangenheit, schon allein, weil er nicht alles in den Rachen gestopft bekommt, wonach er bettelt. Sehr traumatisierend, garantiert.

Nun reite ich ja schon recht speziell (und es nervt mich. Ich hätte auch lieber einfach einen Sattel und eine Trense). Aber andere Leute toppen mich bei Weitem. Zweihundert Geldpads, dreihundert Lammfellpolster, fünf Gamaschen und natürlich ein Hufschutz. Nur SO darf das Pferd geritten werden. Also, ne? Ich sage ja immer: Das Pferd ist individuell zu betrachten und sicher gibt es Pferde die so geritten werden müssen. Aber: Viele machen das zur Show. Um irgendwas zu kompensieren, das nicht klappt und dann zu sagen: Ach, das arme Hascherl. Das hatte es ja auch so schwer. Oder es hatte Schmerzen (wenn’s Schmerzen hat, warum reitet man es?). Natürlich auch keine Gerte (hat das Pferd ein Trauma von) und am besten auch keine Arbeit (hat das Pferd auch ein Trauma von). So stehen dann manche Pferdemuttis mit dem Pferd doof in der Halle herum, weil es ja so speziell oder dankbar ist (je nachdem, welche Vorgeschichte), wo man einfach respektieren muss, wenn der Zossen in der Bahn steht und sich nicht rührt.

Da stehen sie dann, aber sind sich sicher: Sie kümmern sich ja VIEL besser um ihr Pferd, als die stinknormalen Reiter, die einfach ihre Runden drehen und das Pferd danach wieder auf die Weide stellen (ohne alles). Einbildung ist ja bekanntlich auch eine Bildung.

Foto: Guckt melancholisch zu den Nachbarn.