Damit ist nicht gemeint, dass der Reiter tatsächlich physisch nicht in der Lage ist zu sehen. Nein, überhaupt nicht! Ich meine damit betriebsblinde Reiter, die überhaupt nicht in der Lage sind ihr Pferd zu beurteilen, seine Grenzen nicht erkennen, oder gar offensichtliche Erkrankungen völlig blind ignoriert.

Das geht ja schon in Gruppen los, wenn uns mal wieder jemand zeigen will, wie toll sein Pferdchen heute gelaufen ist. Dass es die Hinterhand so dermaßen steif nachzieht, hinten verzögert auftritt, ist völlig nebensächlich, es hat ja das Köpfchen nett hingestellt, das muss einfach reichen. Wird daran gekrittelt (und zwar zurecht), sind wir alle nur wieder doof und wollen uns was darauf einbilden, das Pferd anhand eines Zehnsekundenclips lahmgeguckt haben. Aber manchmal reichen auch die zehn Sekunden …
Oder auch Leute mit vollkommen miserabel bemuskelten Pferden, die uns dann fragen, ob sie denn wohl morgen eine kleine Fuchsjagd mitgehen können? Na, logisch! Fünf Stunden auf diesem Pferd rumruppen, ja, Mensch, das ist eine richtig gute Idee!

Allerdings können wir es natürlich auch täglich am Stall beobachten, wenn mal wieder jemand die Lektionen nicht dem Pferd anpasst, den Parcours springt, den man selbst gerne hätte, statt zu fragen, was das Pferd schon kann. Man hat Geld dafür bezahlt, da muss der Gaul schon nach der eigenen Pfeife tanzen.
Man bekommt wirklich das kalte Gruseln – vor allem wenn es sich um Jungpferde handelt. Da muss dann einfach alles auf einmal gehen, ein fliegender Wechsel hier, da schon Versammlung, der Gaul hat sich gefälligst auf die Hinterhand zu setzen, oder wenigstens den Kopf gut hinzustellen – das scheint generell die Hauptsache zu sein.

Auch im Parcours ein Graus – das wirklich untalentierte Jungpferd dotzt sich ständig die Beine gegen die Stangen. Na, das wird demnächst noch viel besser springen … oder gar nicht mehr in die Halle gehen, wenn Sprünge aufgebaut sind? Muss der lernen! Sagt die Besitzerin. Leider probiert die das schon seit einem halben Jahr und obwohl es nicht besser wird, werden die Sprünge höher und es rappelt auch gleich viel mehr in der Halle, wenn sie da ist.

Aber nicht nur Jungpferde haben darunter zu leiden. Da muss noch dem alten Springpferd, das nichts groß kann, außer ordentlich seinen Parcours zu gehen und eine leidliche E-Dressur die Piaffe beigebracht werden. Hinten draufhauen, vorne halten, dann wird es schon was mit der Piaffe. Oder mit den Seitengängen. Die macht man doch, indem man einfach ganz doll rechts oder links drückt und zieht, oder?
Oder das nette Pferd von nebenan, das einfach kein Vermögen (und keine Lust) auf das große Viereck hat. Das muss dann auch Lektionen gehen, die viel zu anspruchsvoll für Exterieur und Interieur sind, die es nicht versteht, weil sie schlecht ausgeführt werden.

Oder das günstige Kutschpferd, das sein Leben lang nicht geritten wurde, mit 16 zum Reitpferd umschulen muss (hat man ja günstig gekauft) und sich dann gewundert wird warum der blöde Bock nicht mindestens eine L Dressur läuft? WIe, das kann der nicht? Der muss! Der will nur nicht.
Faszinierend wird es dann, wenn Leute diese Limits erkennen, die nicht der Besitzer sind. Der Reitlehrer zum Beispiel. Da sind die Blinden dann empört. Der WILL einem nur nichts beibringen! Schnell den Reitlehrer wechseln.
Und gleich bei Facebook schreiben, wie unfair und blöd der ist. Und unfähig. Sonst hätte er den 18jährigen Traber doch wohl schon M fertig gemacht …

Foto: Wird auch kein Dressurpferd mehr. Muss ich mit leben. Kann ich aber sehr gut.