Als Reitschulkind lernt man völlig andere Sachen als Erwachsener. Vielleicht, weil da viel kindlicher Leichtsinn und Neugierde hinter steckt, oder aber weil Kinder einfach manche Sachen nur auf die harte Tour lernen. Aber diese Sachen … also die lernt man in der Reitschule. Wenn es sein muss, auf die harte Tour:

1. Pferde sind immer größer als man selber
– klingt in der Theorie nach einer doofen Weisheit, aber wenn so ein Pferd keine Lust auf die Trense hat, nützt so ein Kinder mit Hocker und lahmen Armen vom Trense hochhalten einen Scheißdreck. Die Trense kommt nicht drauf, wenn das Pferd nicht will.

2. Leichttraben ist gar nicht so einfach
– Selbst wenn man mal von der Sache mit dem falschen Fuß absieht, ist es je nach Pferd beinahe sogar unmöglich leichttraben zu lernen. Nämlich dann, wenn man auf einem Pony mit Nähmaschinentrab lernt. Hui, da kann der Reitlehrer noch so sehr sagen: Auf, auf, auf … Das Pony macht Tippelschritte, während man noch zählt und dann steht man vielleicht bei 7 auf. Aber sicher nicht bei 1.

3. Der Reitlehrer sagt manche Sachen nicht ohne Grund
– Auch wenn Kinderohren sich sehr gerne auf Durchzug stellen: Die lernen es auf die harte Tour. Den Wupsi nur mit Kette führen? Ach, was weiß der Reitlehrer schon? Merkt man dann sehr schnell, wenn Wupsi weg ist und man selbst plärrend, mit Schürfwunden in der Stallgasse liegt. Hat der halt nicht aus Spaß gesagt.

4. Privatpferdereiter sind die Herrenrasse
– Es wird Kindern eingeimpft: Nein, du darfst das Pferd nicht reiten, das ist ein Privatpferd. Da darfst du auch nicht in die Box. Folglich bekommen Privatpferde und Privatpferdereiter einen gewissen Nimbus und Kinder sehen automatisch zu ihnen auf – denn die haben schon ein eigenes Pferd. Oder wurden für so gut befunden, dass sie eine Reitbeteiligung an einem Privatpferd haben dürfen. Woah! Entsprechend versuchen Reitschulkinder auch immer in Kontakt mit Privatreitern zu kommen. Vielleicht darf man ja mal ein Pferd festhalten. Kinder empfinden das übrigens überhaupt nicht als negativ. Das ist ihr Ziel: Da möchten sie auch hin.

5. Pferde unterscheiden kann Leben retten
– Na? Habt ihr euch auch gedacht: Wie soll ich die alle unterscheiden? Als Reitschulkind lernt man das schnell. Entweder auf die harte (Reitlehrer fragt, ob man noch alle Tassen im Schrank hat, wenn man mit Popelchen kommen sollte, aber mit Mopsi ankommt) – oder auf die ganz harte Tour (wenn man dann auch Mopsi statt Popelchen reiten muss – und Mopsi ein sehr bös gelaunter Trakehner ist).

6. Dinge haben Konsequenzen
– Wieder nicht gekehrt? Stroh im Schweif? Dumm an der Glocke im Stübchen gezogen? Gerte verloren? Reitschulkinder lernen im Stall, dass manche Dinge Konsequenzen nach sich ziehen. Egal wie unbequem das ist. Und wenn es nur der spontane Anschiss durch den Reitlehrer ist, weil man mal wieder nicht gekehrt hat. Kennt man ja – Zuhause nix aufräumen ohne Protest, aber wenn der Reitlehrer schimpft, kehren die gleich den Dreck der anderen mit weg.

7. Bange machen gilt nicht
– Leider etwas, das heute in Reitschulen kaum noch gelehrt wird: Aufsteigen, nachdem man runtergefallen ist. Kinder stehen wieder auf, sofern die sich nicht verletzt haben. Da wird mal kurz geplärrt und dann aber wieder ab aufs Pferd. Heutzutage werden sie zu Angsthasen erzogen, die immer nein sagen dürfen, statt wenigstens mal was zu versuchen. Keinen Schritt aufs Pferd zu müssen die mehr machen, wenn sie einmal runterfallen. Führt dann zu schisserigen Reitschulkindern und später zu schissigen Erwachsenen, die hasenfüßig auf ihrem Pferd sitzen – obwohl sie nie einen schlimmen Unfall oder irgendetwas erlebt haben, dass die Angst rechtfertigt.

8. Abteilungsreiten ist was für Doofe
– Eine gute Reitschule lehrt nicht stumpf in der Abteilung. Entsprechend sind Kinder schon geimpft und wissen: Wenn der Unterricht nur aus Abteilung besteht, dann ist er doof. Ja, das wusste man sogar in den 90ern. Aber wehe der Reitlehrer drohte mit Abteilung, weil kein Kinder mehr die Bahnfiguren reitet – da sind die ihnen dann doch alle eingefallen. Man will ja nicht doof sein.

Foto: Hat es mal wieder schwer.