Tja … das ist tatsächlich eine Frage, die man sich manchmal stellen sollte. Denn das Internet und andere Reiter behaupten ja hartnäckig, dass so ein Pferd beim Schlachter steht, weil die Besitzer böse sind und das Pferd nur zu hässlich, zu langsam, zu unerfolgreich oder sonst was ist. Jedenfalls hat es keiner mehr lieb und dann geht es zum Schlachter. Sonst nicht. Alte und kranke Pferde sterben nämlich friedlich irgendwo, wo das nicht die Augen der Wendyreiter beleidigt, der Schlachter erlöst schon mal gar niemanden von seinen Leiden, sondern immer nur der Tierarzt (wenn überhaupt) und das war’s dann auch.

Eine Geschichte dominiert. Der böse Züchter, der plötzlich ein unerfolgreiches Jungpferd da stehen hat, der dann anschließend an den Schlachter weitergibt, weil … weil. Weil er böse ist.
Jetzt mal im Ernst: Wer glaubt denn diesen Stuss? Fangen wir mal klein an. Der Züchter hat jetzt also seine superduper Zuchtstute. Die setzt er schon mal Risiken aus, indem er sie bedecken lässt. Im allerschlimmsten Fall könnte er sie verlieren. Was einen immensen Wertverlust für seine Zucht bedeutet. Ganz egal ob Vollblut, Warmblut oder Traber. Dann kommt natürlich jetzt die Decktaxe dazu. Sind wir im Warmblutlager oder bei den Westernrassen, dann geht das noch. Sind wir bei den Galoppern … tja, dann kann es leicht utopisch werden. Auch die Traber im Ausland sind ordentlich teuer.

Dann zahlt er natürlich die Untersuchungen, das Spezialfutter und die Pension, bzw den Unterhalt seiner Stute. Nun ist das Fohlen da – juhu! Angeblich gibt es aber da schon Probleme. Wenn es die falsche Farbe hat. Na, das will ich ja mal sehen: „Das Pferd ist braun – abknallen! … Moment, nein, holt den Schlachter, dann krieg ich noch 500 Tacken für die Tausende von Euros, die ich investiert habe. DIE machen mich jetzt glücklich. Und viel reicher natürlich auch.“
Die wenigsten Zuchten sind sowieso Farbzuchten und joa … wenn da mal eins aus dem Raster fällt, dann hat der Züchter wohl was falsch gemacht. Kommt ja jetzt bei reinerbigen Schimmeln nicht plötzlich ein grünweiß getupftes Fohlen raus.
Dem Rest ist die Farbe eh schnurz, auch wenn es Trends gibt. Aber Galopper und Traber können eben auch grünweiß getupft sein, Hauptsache schnell.

Tja … jetzt wächst also dieses Jungpferd heran. Bei manchen Rassen bis zu vier Jahre beim Züchter. Und das kostet Geld und Zeit (die auch Geld kostet). Und dann ist das vielleicht nicht so schnell wie die anderen. Oder nicht so begabt im Viereck. Welcher Züchter sagt denn dann: Gut, ich habe insgesamt 40.000€ für dieses Gesamtprodukt ausgegeben, dann schicke ich es jetzt zum Schlachter, weil es für den angedachten Job zu langsam, zu blöd, zu unrittig ist? Ne … kann mir irgendwie keiner erzählen. Denn man möchte doch wohl irgendwie noch schadensbegrenzung machen. Gerade im Warmblut und Westernbereich. Bei Galoppern und Trabern hat man direkt ne Nullrunde, weil niemand für einen langsamen Galopper, oder Traber, welche sonst ganz nett sind, mal eben 8.000 Euro hinlegt, damit man wenigstens etwas wiederbekommt. Warum sollte man sich dann ausgerechnet für 400€ oder 500€ das Pferd vom Schlachter wegholen lassen?

Jaja, das Pferd kostet noch, während man es inseriert. Aber niemandem ist geholfen, gesunde, nette Pferde an den Schlachter zu geben. Warum sollte es dann ein Züchter, der für den Markt züchtet?
Ja, es gibt Schlachtpferdezüchter. So wie Kühe für die Schlachtung gezüchtet werden. An den Pferden mag nichts falsch sein, aber sie dienen der Fleischproduktion. Ist halt auch nix anderes als Mastschweine oder Masthühnchen. Aber wir wissen ja, dass bei Pferden das viel schlimmer ist. Selektive Tierliebe haben Reiter ja schließlich drauf.
Und dann gibt es noch Pferde, die zum Schlachter gegeben werden, weil sie krank sind. Oder alt und Schmerzen haben. Irgendwelche Beschepperten nehmen die. Weil der Schlachter nicht sofort geschlachtet hat. Das wäre ja für mich der Horror. Mein unheilbar krankes Pferd dann im Internet bei so einer stolzen Retterin zu sehen, die unbedingt will, dass er ihr dankbar ist. Ne, ne … ich werde definitiv sicher gehen, dass er tot ist, wenn es mal für ihn soweit ist. Ich brauche keine Wendy.

Doch es gibt auch Pferde, die zu gefährlich für die Welt da draußen sind. Da haben Leute dran rumgemurkst, die besser nie ein Pferd von Nahem sehen sollten. Verdorbene Pferde, die alle Liebe der Welt nicht mehr dazu bringen, dem Menschen wohlgesonnen zu sein. Ja, es ist schlimm, dass es solche Pferde gibt. Es ist aber noch schlimmer, die zu kaufen und daraus einen Wanderpokal zu machen, weil das Vieh dann doch nicht so dankbar war und Kinder umtritt, Hunde totbeißt, oder unkontrollierbar ausrastet. Ja, auch für solche Pferde ist der Schlachter eine Gnade. Es gelingt so selten solchen Pferden noch ein anständiges Heim zu geben. Und es sind eben auch nicht alle Pferde, die beim Schlachter stehen missverstandene Hascherl. Aber vor allem sind sie nicht einfach nur da und warten auf ihre Retterin.

Foto: Nicht gerettet, nicht missverstanden. Ist halt ’n Pferd.