Vertrauen ist ja so ein Nervthema, das Halsringelsen in die Welt setzen und es auch als Grund nehmen, ohne Helm zu reiten – weil sie ihrem Pferd soooo doll vertrauen. Da stolpert halt so ein Pferd auch niemals, das ist einfach lieb, weil es dem Reiter natürlich auch vertraut. Wie, so funktioniert das nicht? Boah, krass, das ist ja heftig. Da klappt mir ja glatt meine Wendy zu.

Also erst einmal: Vertrauen ist nicht, dass man ohne Halsring reitet. Vertrauen ist auch nicht, dass man sein Pferd neben dem Futter parken kann und dann weggeht. Vertrauen ist das, was wir meistens in unseren ersten Reitstunden spüren. Eher noch als Kind, nicht als Erwachsener, der einfach viel misstrauischer und damit ängstlicher an Dinge herangeht. Da hat man also seine ersten Reitstunden absolviert und irgendwie fühlt man sich dann auf dem Pferderücken wie ein König.

Erst recht, wenn das auch mal komplizierter wird, das Pferd gar bockt, oder irgendwelches Theater veranstaltet, das ein gewisses Können voraussetzt. Hat der Reiter das gemeistert, hat er Vertrauen. In sich und das Pferd. Es ist egal, ob er unterschiedliche Pferde reitet, er vertraut in sie alle. Das ist doch gar nicht bös gemeint, das sind kleinere Reibereien, die nie ernsthaft schaden. Ist ja auch ein bisschen lustig. Fortan geht das Reiterkind nun glücklich zu jeder Reitstunde und fragt auch mal nach den schwierigeren Pferden – ist stolz wie Bolle, wenn es die mal reiten darf und auch diesen Pferden wird vertraut.

Noch stärker wird das Vertrauen nach den ersten Stürzen, solange man sich niemals ernsthaft wehtut. Dann kommt nämlich der Glauben an die eigene Unbesiegbarkeit. Und das Vertrauen zum Pferd wächst weiter – zu jedem Pferd. Die wollen mir nicht wehtun. Man fällt halt schon mal runter, ist doch so, weiß doch jeder. Wer nicht fällt, der ist kein Reiter. Wissen wir doch. Außerdem steigen wir einfach wieder auf und sind dann wieder ganz sicher in unserem Sattel.

Dieses Vertrauen hört schlagartig auf, wenn der erste schmerzhafte Sturz kommt. Wenn wir nicht mehr in den Sattel steigen können, diesen sicheren Hort des absoluten Vertrauens, aus dem wir gerade schmerzhaft katapultiert wurden. Es ist plötzlich ein Schleudersitz voller Zweifel. Und wir bekommen das erste Mal Angst. Da geht also das vielgepriesene Vertrauen hin. Ja, Shit, was hilft nun? Wie bekommt denn so ein Reiter das Vertrauen wieder?

Halsring kaufen und Augen zu? Bodenarbeit – hilft ja immer? Nein, er muss sich schon selbst helfen. Denn es ist ja auch die Frage, ob er Pferden wieder vertrauen möchte. Möchte er das (auch unbewusst) vielleicht gar nicht, wird er für sein Leben lang ein Angstreiter bleiben. Einer ohne Vertrauen.
Falls er es möchte, ist es trotzdem nicht einfach. Denn so ein Pferd kann einem ja nicht in die Hand versprechen: „Du, das mache ich nie wieder.“
Dann liegt ein steiniger Weg vor dem Reiter – manche lernen es mit fremden Pferden, manche mit ihrem eigenen Pferd, manche mit einem guten Reitlehrer, manche mit guten Freunden.

Allerdings wird man diese Leute, die wissen, dass man seinem Pferd niemals 100% vertrauen kann, auch eher selten dabei gesehen, wie sie im Wallakleid über den frisch gepflügten Acker galoppieren, die Hände zum Sonnengruß gereckt und dabei Lapaloma pfeifen. Und wisst ihr was? Das ist verdammt gut so. Muss ja nicht jeder völlig ignorant und sorglos sein. Manchmal ist es nämlich ganz gut, wenn jemand einfach mal zwei Sekunden an die Sicherheit denkt. Auch an die seiner Mitmenschen.

Foto: Warte immer noch darauf, dass der mal irgendwen verliert. Klappt nicht.