Wer bekämpft Monster, trotzt giftigen Tieren und rettet holde Damen? Na, Reiter. Wie, euer Pferd ist keine Dame? Doch, bestimmt. Innerlich ganz sicher manchmal. Denn wir Reiter verteidigen unsere Schätze wie die Löwen, vor bösen Worten, vor anderen Pferden, vor Vorurteilen und vor Insekten.
Ich finde das ja erstaunlich. Es sind so viele Frauen Reiter … und die Schnittmenge zu Frauen, die kreischen, wenn sie Ungeziefer sehen, ist jetzt auch nicht gering … wie machen die das denn im Stall?

Denn so ein Stall ist ja nun mal ein Hort von Ungeziefer. Ist einfach so. Mäuse, manchmal auch Ratten, Fliegen, Bremsen, alles Getier was nur geht … und dann noch Spinnen. Das klischeehafte Sinnbild der Ekligkeit, stets dafür sorgend, dass Frauen auf einen Stuhl steigen und nach dem Manne kreischen.
Vielleicht Zuhause … im Stall nicht. Was macht Frau, wenn vor ihrer Box eine dicke Spinne sitzt? Sie rettet ihr Pferd vor der Spinne. Manchmal sogar ohne mit der Wimper zu zucken. Ich zum Beispiel. Ich bin das shizophrene Beispiel dafür.

Letztens ist mir, als ich mein Heunetz aufhängen wollte, ein Mäuschen entgegen gelaufen, an der Wand hoch und weg. Da stand ich dann und hab: “Ohhhh, wie niedlich” gemacht. Ich wische auch Spinnen achtlos weg (oder lasse sie einfach da, weil sie Fliegen fangen).
Im Büro klappt das auch noch, ich schütze manchmal Chef und Buchhaltung vor fiesen Schnaken. Zu Hause schließe ich aber die Badezimmertür und gehe da nicht mehr rein, wenn da eine Motte gerade beschlossen hat, dass sie da jetzt wohnt. Tja, dann geh ich halt bei den Nachbarn aufs Klo, wenn der Mann nicht da ist.

Der Reiter wächst also im Stall über sich hinaus.Zuhause muss er das aber nicht zwingend. Also macht er es auch nicht mehr.
Große Spinnen überwinden, auf dem Pferd sitzen bleiben, wenn daumennagelgroße Bremsen über die Köpfe hinwegfliegen.Ratten verscheuchen und mit Mäusen ums Futter streiten – kein Problem. Aber wehe Zuhause flattert eine Motte um die Lampe oder eine Schnake durch die Küche. Geht überhaupt nicht. Ab da wird der Reiter dann spätestens zum Mädchen (ja, auch Männer) und bitten um Hilfe.

Auch sonst: Zuhause ist alles schlimmer. Katzenkotze wird nur würgend aufgewischt, Pferdewunden, die so tief sind, dass man einen Finger reinstecken kann, werden auch eiternd problemlos gereinigt. Es werden Hautlappen weggezogen, um fiese Dinge zu verarzten.
Im Stall wird gegessen, selbst wenn das Pferd mal die Nase reingesteckt hat, aber wehe der Partner hustet mal in Richtung Topf, da wird geschimpft und gejammert.
Im Stall wird der Reiter auch sportlich. Zuhause steht der Müll noch im Flur, weil es so unendlich weit bis zu den Mülltonnen ist, aber im Stall rennt der Reiter dreimal auf den Heuboden, damit sein Schätzlein auch wirklich genug Heu hat. Er rennt auch dreimal die Weide hoch um ein Hufeisen zu suchen. Fälltihm Zuhause ein Deckel unters Sofa ist er weg. Passiert. Kommt ein Schuh weg, ist er halt auch weg. So was … kaufen wir halt neue.

Und jetzt müssen die Nichtreiter stark sein: Wenn der Mann Zuhause ist und Schnupfen hat … dann fährt die Frau nicht plötzlich mit 160 durch die Innenstadt, um euch zu betüddeln. Ihr ahnt es bereits schon, wenn das Pferd krank ist und Frauchen gerade davon erfahren hat, dann rast sie wie ein Formel 1 Fahrer über die Landstraße. Und das bekommt auch viel mehr Medikamente. Während ihr einen Tee und ein Leberwurstbrot bekommt und ein: “ohhhh, mein Armer.”

Im Stall sind sie eben wahre Superhelden. Zuhause dann eben einfach nur Mensch. Muss auch mal sein.

Foto: Die Moppelgang