Ich frage mich ja, ob die mich verarschen wollte. Oder einfach nur Belustigung wollte. Da ich öfters mal die Sensibelchen im Stall bespaßen musste, lautete ihr Tipp: „Red mit deinem Pferd. Beruhigend.“ Ha! Diese Idee haben natürlich viele Reiter. Wenn was schlimm ist, das Pferd spannig ist oder rennt, oder wenn man es loben will. Was dazu führt, dass man sich Reitvideos, wo der Reiter zu hören ist, niemalsnicht mit Ton ansehen darf, weil man sonst vor lauter Fremdscham sterben muss. Wie dumm man da auch immer klingt. Das ist ja grausam! Echt, wenn ich so mit nem Erwachsenen reden würde, der würde mich einweisen. Zurecht!

So sind Reithallen also ständig voll mit grenzdebil brabbelnden Leuten. Müßig zu erwähnen, dass das Gelaber nicht zwingend was bringt, aber das ist ein bisschen Psychologie: Solange der Reiter denkt, dass das passt, passt es auch. Ich war auch mal so ein Dauerbrabbler, bis ich in den Rennstall umgezogen bin. Rennpferde interessieren sich bei Tempo 45 und Fahrtwind nämlich einen Scheißdreck für das, was sein Reiter so sabbelt. Da kann der auch mal ne Arie aus Turandot schmettern – es hört eh nicht zu. Und im Trabring stehen die Ohren auch schon auf Durchzug. Was habe ich schon die hysterischen Kandidaten belabert – vollkommen ohne Erfolg. Seitdem sage ich Kommandos an und Lob. Mehr gibt’s jetzt bei mir nicht mehr. Schließlich hab ich auch so einen Kandidaten, der gerne auf taubstumm macht.

Aber spulen wir noch mal zurück. In die Zeit, in der ich auch zu der Laberfraktion gehört habe. In eine Reithalle voller Leute. Und jetzt hören wir denen mal zu.
Ich bin da mit einem heißen Ofen, eine Stute, die wenn man sie lässt, sich eigentlich nur im Galopp fortbewegt (die hat mich so nachhaltig genervt, dass sie sogar einen Platz im neuen Arschlochpferd Buch bekommen hat). Also muss man mit der quatschen und immer artig annehmen, nachgeben und das ganze auf permanentem Repeat. Was erzählt man so einem Pferd also?
„Ja, feeein, bist ein braves Mädchen … jaaa sehr schön.“ Das ganze in einem Ton, als wäre man bei einer sehr lustlosen Telefonsex-Hotline.

Neben mir hat ein Mädchen Probleme mit der Miniversion der Stute: Dem Rennpony. Das macht genau dasselbe, nur mit Nähmaschinentippelschritten. Also labert die auch. Auch sehr ähnlich: „Nein, sei lieb. Nein, nein, wir können nicht immer nur rennen, ja soooooo ist es brav. Neiiiiiin.“
Dafür habe ich auf der anderen Seite Dauerbeschallung für drei. Da straft nämlich eine mit Stimme: „Du Saubock, NEIN!“ Ihr Saubock hüpft eine Runde auf drei Beinen und ja, ich sage drei, ich habe den Lümmel dazugezählt. Der ist ausgefahren, weil der gerade spontane Eier bekommen hat und Stuten wittert. Obwohl er seit gefühlten hundert Jahren kastriert ist.

Da sie aber schimpft, rennen Pony und schwarze Stute um die Wette. Also brabbeln das Mädel und ich jetzt synchron: „Neiiin, bleib ruuuuuuhig. Immer schön ruuuuuuhig. Wir wollen doch gar nicht so schnell …“
Wir verziehen uns auf den hinteren Zirkel. Allerdings wohnt da ein Herr mit einem total nervösen Pferd, das zwar einem nicht unterm Hintern wegläuft, dafür aber bei jeder Gewichtsverlagerung das Knarzen des Sattels hört und deswegen an die Decke geht. Der erzählt andere Sachen: „Ja, schau mal, das ist nur ein Stock, der am Hallenfenster kratzt“ – „Nein, das ist nur der Wind, der ist gerade ein bisschen lauter.“ – „Das ist der Hallensand, den kennst du schon.“

Leider stören beide sich auch an meinen totaaaaal beruhigenden Worten, die so beruhigend sind, dass sie eigentlich einen Elefanten einschläfern müssten und wir werden mit: „Pssccht“. Na, gut. Dann sag ich halt nix mehr. Muss er eben damit leben, dass die Stute lostrampelt wie der letzte Trottel. Das ist dann auch nicht genehm. Daher darf ich weiterlabern. Und das Mädel mit dem Pony auch. Er geht nach draußen. Wo das Pferd ihm beinahe auf den Arm springt, weil da jemand gehustet hat. Da das aber laut ist, hört man jetzt noch mehr Leute totaaaal beruhigend auf ihre Pferde einlabern, als wären sie irgendwie nicht mehr ganz richtig im Kopf.
In der Mitte steht übrigens meine Reitlehrerin und grinst.

Foto: Keiner Dauerbelaberung ausgesetzt.