Reiter leben in ständiger Sorge um ihr Pferd. Und wer das nicht glaubt, der tauscht doch mal bitte seine eigene Nummer im Handy des Reiters mit der des Stallbesitzers und rufe den Reiter an. Da seht ihr sie aber alle springen, völlig panisch.
Ich bin da in manchen Momenten auch keine Ausnahme. Zum Beispiel, wenn mein Stallbesitzer mich morgens anruft. Er hat mich überhaupt nur einmal wegen eines Notfalls angerufen, mehr Notfälle hat mein Pferd bisher einfach nicht gehabt. Trotzdem bin ich jedes Mal erschrocken, wenn ich seinen Namen im Display sehe, weil ich denke, das Pferd ist explodiert. Dabei möchte er mir nur sagen, dass morgen Heu kommt. Oder ob ich auch eine Wurmkur brauche. Oder er fragen möchte, ob ich die Pferde später reinholen kann.

Ja, ja … die Sorge ist permanent und allumfassend. Wir erfreuen uns manchmal nicht einfach des Lebens, nein wir sehen eine matschige Weide und malen uns Beinbrüche, Sehnenzerrungen und Stürze mit schlimmen Folgen aus. Oder wir sehen das grüne Gras und überlegen uns, was darin jetzt schon wieder dem Pferd schadet.
Selbst wenn man sich gar nicht davon anstecken lassen möchte, machen auch andere Reiter uns mit ihren Ermahnungen kirre.
Man postet nur ein Foto von einem galoppierenden Pferd auf dem Matschplatz – da kommt gleich die Info:
„Mein Pferd hat sich bei so einem Boden die Sehne zerfetzt/ das Griffelbein gebrochen/ die Nase verrenkt!“.
Und ob man will oder nicht, das nistet sich dann ein.

Auch im Gelände ist man plötzlich mit den Sorgen unterwegs. Was, wenn man jetzt runter fällt? Wo lang läuft das Pferd dann? Auf die Straße? Oh, Gott, es wird bestimmt überfahren … Um uns selber sorgen wir uns gar nicht so unbedingt. Aber was, wenn das Pferd plötzlich frei herumläuft?
Dann die Wege: Nein, hier kann ich nicht traben, das ist viel zu matschig, da tut er sich nachher was, oder rutscht weg. An manchen Tagen kann der Weg auch staubtrocken sein, wenn die Sorge den Reiter beherrscht, dann hat er trotzdem irgendwelchen Blödsinn im Kopf.
Ne, den Weg hier traben wir auch nicht. Da sind ja ein paar Steine. Hufbeinbruch vorprogrammiert. Obwohl da jetzt auch nicht mehr als drei Kiesel liegen.

Dann ist da die tägliche Arbeit. Fängt schon am Putzplatz an. Wenn das Pferd jetzt zurückspringt, was bricht es sich dann? Oder hängt es sich auf, wenn wir nur mal kurz unser Putzzeug holen?
Geht der blöde Panikhaken überhaupt auf? Bei Facebook liest man ja ständig das Gegenteil.
In der Halle geht das Spiel weiter. Man, was ist das für ein großes Loch da? Da darf man auf keinen Fall durchreiten, da bricht es sich ja sofort ein Bein, wenn ich da durchgaloppiere. Und diese wackelige Stange auf der Bande. Wenn ich zu dicht vorbeireite, fällt die bestimmt runter und mein Pferd stürzt darüber.
Oder dieses Pony da … was, wenn es gleich austritt und meinem Pferd vors Bein donnert. Oder gegen den Kopf? So sind schon Pferde gestorben. Hab ich bei Facebook gelesen!

Lieber wieder zurück auf die Weide. Aber da kann ja auch so viel passieren. Pferde, die hängen bleiben, wenn sie versuchen übers Tor zu springen. Oder Pferde, die sich in den Litzen des Zauns verheddern und sich selber häuten. Oder Kloppereien unter den Weideinsassen! Da werden ja Pferde tagtäglich zum Krüppel.
Was tut man denn jetzt dagegen? Am besten das Hirn jeden Tag auf Reset stellen. Und vielleicht selbst auch mal die Reiter nicht bei jedem Pups auf die Gefährlichkeit hinweisen, solange nicht ersichtlich grob fahrlässig gehandelt wird. Schließlich kann so ein Pferd ja auch tot auf der Weide umfallen. Müssen wir uns das wirklich jeden Tag vor Augen halten?

Foto: Ist zum Glück eher ein rundum-sorglos-Pferd.