Gut, dass es das Internet gibt. Da sind nämlich jetzt alle ganz ohne Studium Tierarzt. Die können Diagnosen abgeben, mit einer Arschbacke, einem halben Auge und ohne eigentlich hingesehen zu haben. Aber um diese Doktoren geht es gar nicht. Nein, heute geht es um Pferdebesitzer, die sich denken: Man muss doch nicht studiert haben, um seinem Pferd die Sehne zu behandeln, oder ihm die Zähne zu machen.
So wie ja jetzt auch jeder Hufschmied ist und mal die Raspel über den Huf zieht (macht der ja auch, muss stimmen). Bin ja schon froh, dass man Eisen nicht in jedem Pferdeladen hinterhergeschmissen bekommt, denn sonst würden auch irgendwelche Blitzbirnen selbst beschlagen. Hufeisen in den Backofen und dann wird das schon halten.

So gibt es im Internet zum Beispiel einen regen Handel mit Betäubungsmitteln für Pferde. Ist angebrochen, aber noch soooo viel drin. Na, da kann man doch sicher Geld mit machen. Und man findet auch gleich wen. Hier möchte jemand sein Pferd sediert durch die Gegend fahren, da ist bald Silvester und man möchte ja nicht, dass das arme Tier sich aufregt. Da kann man dann auch mal problemlos was bei der netten Frau mit dem glubschäugigen Pferd im Profil was kaufen – wir sind doch Homies und da ist doch eh eine Packungsbeilage bei – warum nicht mal versuchen? Tierarzt kostet doch nur unnötig. Alles Halsabschneider.

So habe ich wirklich schon absolute Sternstunden der selbsternannten Mediziner erlebt. Die Krönung bildete hier eine Dame, die was zum Sedieren kaufen wollte, damit sie ihrem Pferd selbst die Zähne machen kann. ‚Ne Raspel hatte sie schon. Weiß doch wie das geht und der Tierarzt ist auch immer so busy und zu weit weg. Und es kostet ja auch immer so viel.

Aber auch andere sind echt richtig abgefahren drauf. Da wird irgendwelcher Spökes zusammengemixt und das hilft dann gegen die Kolik, den Husten und auch gegen Rehe. Alles zusammen am Besten. Vorbeugend natürlich. Auch beliebt – das ist ja ein Pferd, da kann man auch mal menschliche Medizin reinkippen. Und wir reden hier nicht von Sachen, die man wirklich, auch mit tierärtzlichem Okay verwenden darf, sondern von Schnupfenmitteln wie Gripostad, Nasenspray, und Durchfallmittelchen.

Auch Antibiotika wird teilweise in Gruppen verkauft. Oder Novalgin – man braucht ja was Hartes, denn das Pferd hat wirklich doll aua. Angebrochen natürlich. Schon ein paar Wochen alt, weil die Verkäuferin das spontan beim Schrank ausräumen gefunden hat. Das muss doch noch für irgendetwas gut sein.
Da sind mir ja die Globuli Leute lieber. Bis die da was überdosieren können, futtert das Pferd den Krempel schon freiwillig nicht mehr.

Ich habe echt Hochachtung vor Leuten, die ne Menge alleine können, gibt ja Pferde, die benötigen zum Beispiel Spritzen – manche Besitzer können das wirklich. Andere können nicht mal einen Verband anlegen. Auch hier hilft das Internet natürlich! Verbandsmaterial? Ach, mach einen Socken drum. Der ist schön antibakteriell, so frisch aus der Waschmaschine. Bisschen Apfelsaft, da weiß man ja, dass der gut ist, und Schwupp – haben wir die schönste Entzündung der Welt.

Wirklich, was manche Leute da anstellen, ist nicht mehr feierlich. Die handeln immer noch nach dem Prinzip, dass ein Pflaster gegen alles hilft.
Zuletzt war da auch eine ganz clever. Die fragte uns, wie diese Wunde nur heilen soll, die das Pferd schon seit drei Monaten hat. Sie macht doch alles. Alles war übrigens: Bandage drum und ab in die Box. Könnt euch ausmalen, wie das Bein geschimmelt hat – zumal sie es nicht für nötig hielt, ihre Box täglich sauber zu machen. Die Bandage hat sie aber immerhin schon zweimal gewechselt … Davor hat sie sie einfach immer wieder drauf gemacht, wenn sie nach der Wunde schaute.
Ich liebe das Internet. Da ist einfach jeder Tierarzt.

Foto: Er kann froh sein, dass ich ihm allein die Haare schneide – für alles andere brauch ich nämlich nen Dienstleister …