Nur ein paar Jahre später befinden wir uns wieder im Gestüt Schlenderhan, nicht lange nach Albas tragischem Unglück. Obwohl das Nazi Regime den Menschen (vor allem Oppenheim selbst) schwer zusetzt, ist die Form sagenhaft und man hat ja auch bereits einen neuen Crack nach Alba: Sturmvogel.
Die Nazis verstanden sich als Bewahrer des Galopprennsports, denn das Wort Vollblut allein genügte ihnen schon, um Rennsport zu fördern, allerdings hatten sie auch festgestellt, dass das Pferd nicht wirklich obsolet war, sondern immer noch für den Krieg genutzt werden konnte.
Das war die Zeit, in der Schwarzgold also das Licht der Welt erblickte. Ein Jahr zuvor raste Nereide zu ihrem Derbysieg, nachdem der Schlenderhaner Periander ihr unfreiwillig den Pacemaker gespielt hatte. Man sprach wieder von deutschen Pferden, nachdem Sturmvogel in Paris lief und Nereide die zweifache Arc Siegerin Corrida putzte.
Und auch auf Gestüt Schlenderhan war man verwöhnt – trotz Kriegsdrohung. Orgelton holte 1938 das Derby, Wehr dich folgte 1939 und dennoch ging die Angst um Waldemar von Oppenheims Mutter war als Halbjüdin gefährdet und nicht selten brannten in Köln die Synagogen.

Schwarzgold war mehr Produkt eines Zwangsakts, denn ihre Mutter, Schwarzliesel weigerte sich standhaft, sich decken zu lassen. In Graditz hatte man alle Mühe, die Stute davon zu überzeugen, dem Deckhengst Alchemist nicht ans Leben zu gehen. Schwarzgold hieß das Produkt dieses Akts und als die Stute nach Neuenhagen in den Rennstall einrückte, war der Schlenderhaner Trainer Arnull bereits begeistert. Obwohl Schwarzgold nicht einfach war: Nur auf Sand zu händeln, die Peitsche durfte auch nicht angefasst werden und hübsch war sie auch nicht. Dafür aber schnell, obwohl sie ihr erstes Rennen als Zweijährige verlor. Schwarzgold hatte eine überragende Zweijährigensaison, nahm das Sporn-Rennen, das Orchidee-Rennen und ging anschließend ins Zukunftsrennen nach Baden-Baden.
Hier schlug sie nicht nur die Rennställe Waldfried, Graditz und Zoppenroich, sondern auch den Züchter Federico Tesio, der mitansehen musste, wie die ungeschlagene Coronary von Schwarzgold spielend abgefertigt wurde.

Hier änderte sich jedoch bereits alles – für das Deutsche Reich, für Schlenderhan, für den Rennsport. Offiziere geleiteten die ausländischen Teilnehmer der Rennwoche in ihr Heimatland zurück, zehn Tage später verkündet Hitler den Angriff auf Polen. Der Rennbetrieb wurde drastisch gekürzt, allerdings war man bei der nationalsozialistischen Führung, dass die Leistungsprüfungen unabdingbar waren – daher sollten weiter Rennen stattfinden.
1940 war vom Krieg beherrscht und dennoch ging der Rennbetrieb weiter. Schwarzgold gewann die Diana, das Kisasszony-Rennen, und ging ins Derby, das nun aber nicht mehr Derby hieß – Der Große Deutschlandpreis der Dreijährigen. Das Blaue Band und das Derby – das waren Erfindungen der verhassten Engländer. Außerdem hatte man ja ein Braunes Band in München ausgelotet, das hätte zu sehr konkurriert.

Trotz Bombenangriffen fanden sich 30.000 Menschen, die Schwarzgold beim Derby sehen wollten und sie enttäuschte niemanden, als sie mit 10 Längen davon ging und sich damit in die Geschichte eintrug. Nur Sea The Moon hat seinen Gegnern mehr Längen abgewinnen können.

Nur ein paar Tage später erhielt Waldemar von Oppenheim Nachricht aus München, eine Einladung zur Teilnahme am Braunen Band – streng genommen keine Einladung, sondern ein Befehl des Münchner Rennvereins-Präsidenten Christian Weber. Die Einladung galt nicht nur Schwarzgold, sondern auch den anderen Schlenderhaner Cracks, es ist aber davon auszugehen, dass vor allem Schwarzgold die Begehrlichkeiten des Mannes geweckt haben dürfte, wenn man sich die folgenden Ereignisse anschaut.
Weber hatte bereits über 200 Vollblüter erworben, doch er wollte vor allem Schwarzgold. Schwarzgold war für Oppenheim unverkäuflich und er hätte sowieso nie mit einem solchen Menschen gehandelt. Sein Gestüt hatte er mit schmutzigem Geld bezahlt, war vorbestraft und ein Duzfreund Hitlers. Weber drohte Oppenheim, denn künftig sollten nur Arier den Sport der Könige betreiben dürfen, doch Oppenheim blieb hart und reiste zu allem Überfluss auch noch ab. Obwohl Schwarzgold und Octavianus am nächsten Tag im Braunen Band starten sollten …
Weber erwirkte ein Startverbot, das jedoch nicht von der Rennleitung kam, er setzte es mit Hilfe der SS durch: Ein Totenkopf-Reiterschwadron umstellte die Stallungen und verschwand erst, als das Rennen gelaufen war. Lächerlich, wenn man bedenkt, dass Weber doch befohlen hatte, Schwarzgold in dieses Rennen zu schicken und es dann seinem Publikum vorenthielt. Stets hatte er die Hoffnung, Hitler würde eine seiner Veranstaltungen besuchen – doch es blieb bei dem Wunsch.

Schwarzgolds letzter Auftritt ist sogar noch sichtbar (siehe youtube Link), und er lässt erahnen, mit welch bedrückender Überlegenheit dieses Pferd lief. Sie sah nie eine Peitsche, war eigentlich auch nicht zu regulieren, sie tat einfach das, was sie konnte.
Obwohl die Familie Oppenheim kurz darauf zwangsenteignet wurde, überlebte Schwarzgold den Krieg und blieb in Deutschland – in ihrer Zuchtstädte. Sie gebar nur zwei Fohlen überhaupt, wovon nur Schwarzblaurot die Linie aufrecht erhielt – und sie bis in unsere Zeit trug, denn wenn ihr heute noch ein Schlenderhaner Pferd seht, das mit S anfängt – jagt es mal durch den Pedigreequery. Ich bin mir sicher, ihr findet Schwarzgold dort. Und nicht nur in Schlenderhan, überall auf der Welt. Buena Vista, Stacelita, Slip Anchor, Sagace sind nur einige Namen. Im Gestüt Wittekindshof befindet sich ebenfalls noch ein Zweig der Schwarzgoldfamilie, der höchst aktiv ist.