Ach, woher nur die Zeit nehmen, wenn nicht stehlen? Der Job lastet einen voll aus, zu Haus sitzen die Kinder und warten auf Mutti und das Pferd reißt im Reitstall die Bude ab, weil es chronisch unterfordert ist. Die Lösung: Eine Reitbeteiligung. Irgendwer wird ja wohl das heißgeliebte Pferd bespaßen können.
Man ist auch nicht so anspruchsvoll: Hauptsache das Pferd ist zufrieden und die potenzielle Reitbeteiligung reitet halbwegs anständig.

Die Anzeige wird ehrlich gestaltet, das Pferd kann ein bisschen hübsch gehen, ist aber momentan unterfordert. Alles Nötige vorhanden, eine Reithalle für schlechtes Wetter, Tage sind frei wählbar bis auf den Sonntag, der ist belegt, denn da kann der eigentliche Besitzer endlich mal. Alles erlaubt, Reitunterricht erwünscht. Keine Minderjährigen, da gibt es zu viel Genöle von den Eltern. Drei Tage kosten 60 Euro. Ist günstiger als der Schnitt, aber die Reitbeteiligung wird wirklich dringend gesucht.

Die ersten Anfragen purzeln rein. Verdächtig viele M-Dressurreiter. Was die wohl alle mit dem Wald und Wiesenmix wollen? Aber gut, warum nicht? Ein paar Minderjährige. Werden höflich darauf hingewiesen, dass es leider nicht geht. Pöbeleien folgen. Man entdeckt sogar noch böse Warnungen bei Facebook vor so gemeinen Besitzerinnen. Mit Originalverlauf aus dem Chat.

Mit den möglichen M-Reitern werden Termine vereinbart, wovon drei M-Reiter schon mal nicht auftauchen, aber nicht absagen.

Zwei Reiter ohne nennenswerte Leistungen kommen zwar, wissen aber nicht, wo beim Pferd hinten und vorne ist. Die eine weiß es zwar, möchte aber nichts bezahlen. Und keinen Reitunterricht nehmen. Und nur ins Gelände.

Die Pferdebesitzerin verzweifelt langsam, macht noch ein kleines Recall wo sich eine der M-Reiterinnen blicken lässt. Ist aber höchstens, mit viel Wohlwollen, das hohe C. Kommt zwar aufs Pferd drauf, reitet auch geradeaus, aber sitzt wie ein Eimer.
Nun gut, die verzweifelte Besitzerin schlägt vor, das Mädchen am Anfang nur in Reitstunden reiten zu lassen, da hätten ja beide was davon. Sagt sogar, dass sie dann nichts dafür möchte, denn der Reitunterricht kostet ja auch Geld.
Ne, also Reiten kann das Mädchen schon, sagt ihre Reitlehrerin. Und war ja auch schon erfolgreich auf dem Turnier. Das möchte sie nicht.

Die nächste Kandidatin glänzt mit tausend Verbesserungsvorschlägen, noch bevor sie einen Fuß in die Box des zukünftigen Reitbeteiligungspferdes gemacht hat. Aber die kann was. Die Besitzerin ist zwar schon nach einem Tag genervt, aber versuchen kann man es ja mal.

Zwei Wochen gehen ins Land, doch schon stellen sich erste Probleme ein. Reitbeteiligung hat zwar einmal am Unterricht teilgenommen, den zweiten Termin aber nicht abgesagt. Taucht außerhalb ihrer Tage im Stall auf und lamentiert herum, was das Pferd braucht und was nicht. Wird auch betont, dass sie viel besser mit dem Pferd klarkommt.
Drei Wochen später ist spontan die Trense kaputt. Reitbeteiligung kann sich nicht erinnern, wie das passiert ist. Also wird sie die auch nicht bezahlen.
Vier Wochen später taucht sie einfach an ihren drei Tagen nur einmal auf.
Fünf Wochen später hat sie zwar den Betrag bezahlt, möchte jetzt aber das Geld zurück, für die zwei Mal, die sie unabgesprochen nicht gekommen ist.

Besitzerin ist genervt, schmeißt Reitbeteiligung raus: Shitstorm auf Facebook. Angezettelt von der Reitbeteiligung.
Nie wieder, denkt sich die verzweifelte Besitzerin. Bis ihr noch ein Projekt auf der Arbeit aufgehalst wird. Da schreibt sie gleich die nächste Anzeige und der Wahnsinn beginnt von Neuem.

Auch hier: Klischees – die immer eine gewisse Wahrheit enthalten.

Foto: Wenn es nicht an meiner Jacke kaut, dann guckt es argwöhnisch.