Das wissen Reiter immerhin. Was sie nicht so wirklich wissen, ist die Tatsache, wie die Muskeln denn eigentlich aussehen sollten. Das sieht man gerade auf Facebook immer dann ganz hervorragend, wenn sich die Amateure gegenseitig mit ihren Exterieurberurteilungen übertreffen, oder gar ungefragt an Pferdebildern herumkritteln.
Es ist wirklich eine Wonne. Korrekte Muskulatur für die Reitweise, in der das Pferd gearbeitet wird, wird von den Laien zu 99% nicht erkannt.

Da kauft jemand ein Pferd frisch von der Bahn. Das arme Hupferl wird erst mal ausgiebig bedauert und als TOTAAAAL unbemuskelt hingestellt, denn hach, das hat ja gar keinen Hals. Der Rest wird übrigens geflissentlich ignoriert, die muskulöse Hinterhand oder die Brust, hinter der man eine Mülltonne verstecken kann. Das arme Hascherl braucht erst mal Muskelaufbaufutter – finden die Weiber auf Facebook. Dann muss es ja auch stimmen. Immerhin wird geraten, sich nicht drei Stunden in den Sattel zu schwingen und fein auszusitzen. Ein Teilerfolg …

Der verfettete Hafi allerdings, also der ist perfekt. Seht doch mal, den Hals! Alles Muckis. Muskeln äußern sich in schwabbeligen Wülsten, das weiß doch jeder. Der fette Hintern wird auch mit einem Quarter verglichen (die haben doch auch einen so muskulösen Knackpo!) und das ist schon alles gut so wie es ist. Bisschen abnehmen könnte er aber, der Bauch ist doch sehr ausladend. So ausladend, dass der eigentlich schon ein Warnschild tragen müsste: Achtung, schwenkt aus!

Das Shetty hat natürlich niemals Muskeln, es ist ein Shetty und damit fett. Es muss fett sein, das ist Rassedefiniton. Dass es vier mal die Woche gearbeitet und zweimal geritten wird, sieht man ihm nimmernicht an, denn das besteht eh nur aus fell. Egal, wie das Shetty in Wahrheit aussieht, die Muskelexperten werden sowieso behaupten, es wäre falsch bemuskelt und zu fett. Oder es hat einfach keine Muskeln und labbelt so durch den Offenstall. Was Shettys eben so machen.

Traber … uh! Da sieht man ja die Tierquälerei instant anhand der Muskulatur, denn jeder weiß, dass der Unterhals immer für Tierquälerei steht. IMMER! Ansonsten sind Traber in etwa so arm dran wie Galopper (wenn es um die Muskulaturbeurteilung geht) und ach, das arme Tier braucht erstmal Aufbaufutter für teuer Geld.

Das Warmblut ist perfekt bemuskelt. Ist ja auch ein Warmblut. Scheißegal, wo der Rücken hängt, wie klapperdürr das Hühnerbrüstchen ist, oder wie atrophiert die Muskeln in Wahrheit sind – es ist ein Warmblut, damit macht man Dressur und das hat Muckis an den richtigen Stellen. Die sind halt bei jedem im Kopf woanders.

Das Quarterhorse ist da artverwandt. Verschwindet eh unter seinem hypersupermegagroßen Sattel und da können die Muskelgucker ja nur vorne und hinten sehen und das ist beim Quarter natürlich IMMER richtig bemuskelt. Die sind ja alle so Muskelschweine, wie die Halterbiester, das ist quasi ganz normal.

Freizeitpferde hingegen sind IMMER falsch bemuskelt. Erst recht, wenn sie bunt sind oder langes Fell haben, oder beides zusammen. Das kann nur ein Juckelgaul sein, der von jemandem geritten wird, der im Gelände nicht gymnastiziert und das auch gar nicht kann. Ansatz zum Unterhals ist angeblich auch immer sichtbar. Und diese komische Schulterbemuskelung kommt ja auch sicher davon, dass das Tierchen nur auf der Vorhand latscht.

Und dann ist da noch der seltene Fall, dass die Leute mal recht haben. Wirklich einmal … was macht da nur der Fotozeiger? Na, logisch – löschen. Vorher aber noch behaupten, dass man die Muskeln nur nicht so gut sieht, oder die unter dem Speck sind. Oder, oder, oder …