Yay, gestern brauchten wir uns die Pferdeprofis nicht reinziehen, weil sie schon wieder nicht mehr laufen. Das ist doch mal „Prüüüma“!
Deswegen reden wir heute mal über schöne Dinge: Träume. Alle Reiter haben Träume, aber am Schönsten (und unrealistischsten) sind die, wenn man noch wirklich jung ist. Deswegen dürft ihr mir eure heute mal verraten.
Man kennt das ja: Der Traum vom eigenen Pferd, oder der große Turniersieg, die eigene Reitschule, so was halt. Lustiger sind aber die, wo man ganz genau weiß im Nachhinein: Hoppala, wann sind wir eigentlich von unserer rosaroten Wolke gefallen? Und … HAT DAS NICHT WEHGETAN?

Ich hatte ja früher nix. Nur einen Todesstern. Das hat mich aber nie davon abgehalten, groß zu träumen. Mit diesem Pferd, das die meiste Zeit nicht mal durchs Genick ging. Oder einen Zirkel. Oder geradeaus. Manierlich springen, ja, das ging. Aber ich war ja immer mehr Dressurreiter. Also wollte ich natürlich auch Dressurreiterin sein. Irgendwann mal in der Kür. Ja, so weit hoch wollte ich. Hauptsache, ich darf endlich mal zu Musik reiten.
Wir erinnern uns noch mal: Mit Todesstern. Ein Pferd, das schlechtestenfalls gar nicht in die Halle geht, wenn es keine Lust hat.
Wie gut, dass dreizehnjährige Reiterinnen an absolutem Realitätsverlust leiden und die simple Tatsache: Das Pferd kann gar keine Dressur – kein Hindernis darstellt.

In meinem Kopf war ich also verdammt oft in Aachen. Natürlich in Aachen, nichts wird schöner präsentiert im deutschen Fernsehen als das CHIO. Jedenfalls als ich dreizehn war.
Und ich musste mich ja auch oft wehren, denn mir sagten natürlich zurecht die Leute: Reit doch mal ein anderes Pferd, du kommst mit der nicht weiter. Das war kein Neid, oder sonst was, die hatten Recht. Ich war ja nicht ganz untalentiert. Aber ich war eben auch stur – die da oder keine.
Das ist schließlich nur eine Frage der Zeit, bis der Pöbel mir in Aachen zujubelt. Dann sagen die auch so was Blödes nicht mehr. Das arme missverstandene Pferd.
Die einzige, die das Pferd missverstand, war übrigens ich. Sie hätte das niemals gekonnt.
Ich hatte mir das auch ganz fein zurecht gelegt. Mit Musik und allem. Denn die Musikauswahl, also die war absolut wichtig. Dafür hätte ich natürlich auch die Abzüge in Kauf genommen (und in meinem Kopf trotzdem gewonnen), weil bei meinem Song gesungen wird.
Seit Jahr und Tag ist es das unpassendste Lied ever – für jede Art von Kür. Vielleicht geht das beim Eiskunstlaufen noch klar, aber sicher nicht für eine Dressurkür. Es hat keinen Takt für irgendeine Gangart und es ist auch zu kurz. Aber es ist seit Jahr und Tag „Cruel Angel Thesis“ – japanische Fassung natürlich.

Mittlerweile bin ich also mit einem großen Plumps von der Wolke gefallen und hab das Nimmernimmerland verlassen – und auch keinen Todesstern mehr (was die Kritiker immerhin als Fortschritt werten könnten). Meine Interessen haben sich natürlich verlagert, mit Dressurreiten habe ich nicht mehr viel am Hut, wenn man mal von der Kammergymnastik im Stall absieht, damit das Pferd gesund bleibt. Denn er ist ja auch kein Dressurcrack und wird nie einer werden.
Ich will es auch nicht. Ich habe andere Träume. Die sind deutlich realistischer und etwas sinnvoller durchdacht als: Ich habe ein Pferd, also kann ich auch Dressurstar werden.
Aber ab und zu … wenn das Lied mal wieder auf meinem MP3-Stick im Auto herumdümpelt und ich es anmache, dann bin ich noch mal ganz kurz in Aachen. Und nehme huldvoll meinen Applaus entgegen. Natürlich mit Todesstern.
Ach, ja, außerdem singe ich es laut und scheiße mit.

Jetzt seid ihr dran!

Foto: Wenn das Heu einfach zu erreichen ist, schmeckt es nicht so gut.