Ach, Reiter. Wir sind so voller Widersprüche. Einerseits wollen wir, dass Stall und Pferd wie geleckt aussehen, andererseits gleicht unser Auto einem Schlachtfeld (wo sich sehr viele Pferdefutterlieferanten bekriegt haben …). Das Pferd kriegt dreimal Tierarzt im Monat, wenn man muss, aber wir haben mal wieder unsere Vorsorgeuntersuchung beim Arzt verpennt und ach, eigentlich ist das auch gar nicht so schlimm, man kann ja noch gehen. Am meisten erkennt man die zwiegespaltene Persönlichkeit des Reiters aber definitiv bei seiner Ordnung.

Doch wenn es dem Pferd gut geht, dann hat der Reiter vor allem eins zu tun: Ordnung schaffen. Irgendwie ist es ein innerer Zwang. Und ja, mal ehrlich, die Schibbi-Schabbis müssen schon ordentlich irgendwo liegen und das Putzzeug kann auch nicht einfach so im Koffer liegen, das muss schon sortiert sein. Nichts ist ja wohl schlimmer, als ein Hufkratzer, der unten bei den Bürsten liegt. Und die Trensen. Die müssen fein ordentlich hingehängt werden, nicht verknudelt und am besten natürlich auch (wenn man den Platz hat) alle einzeln. Am liebsten hätte der Reiter sowieso gerne ganz viel Platz (ich belege auch den meisten Platz in der Sattelkammer …).
Dann muss natürlich gekratzt und gekehrt werden, nichts nervt ja wohl mehr als lose herumliegendes Stroh oder Heu. Dreckige Huftappen, weil da wieder jemand nicht ausgekratzt hat. Nichts geht über eine frisch gekehrte Stallgasse. Nichts sieht besser aus als ein sauber aufgeräumtes Heulager. Und wenn man das Geodreieck in der Sattelkammer anlegen kann, sind alle glücklich.

Bis der Reiter seinen anderen Tick bekommt – alles wieder unordentlich machen. Man sucht was, man braucht was – und jetzt? Jetzt ist der Ordnungsfimmel gerade eingeschlafen. Es wird alles hervorgerupft, nur lose wieder in irgendwelche Schränke geschoben und hä? So was hatte ich auch? Wann hab ich das gekauft? Überraschung! Egal, zurück in den Schrank, raus aus dem Hirn. Haben wir GANZ schnell vergessen, es geht weiter. Wir suchen ja was. Oder wir räumen nur um. Oder haben nicht so viel Zeit. Egal. Ab jetzt herrscht das Chaos in sämtlichen Ecken, Zeit reicht auch nicht, aber der Impuls ist sowieso nicht vorhanden, jetzt dort Ordnung schaffen zu wollen.

Der Reiter ist voll auf Chaos eingestellt. Und er hört auch nicht damit auf. Reißt nen halben Zaun runter, weil jetzt renoviert wird, verliert mittendrin die Lust, sagt sich: Ach, mach ich morgen und plötzlich ist Mai statt März. Und der Zaun steht halt immer noch nicht. Oder das Weidehäuschen. Das Werkzeug liegt aber noch da. Man wird ja gleich weitermachen. Solche Momente treffen sie sogar beim Sattel fetten. Nicht fertig geworden, halb abgewischt und … öh, ja, dann reitet man halt nur mit einer geschmeidigen Hinterbacke herum. Egal. Der Schlunz ist da und der Reiter zelebriert ihn gnadenlos.

Aber dann … dann kickt wieder der Ordnungssinn. Gerne begleitet von: “Wie sieht es denn HIER aus?” Waren bestimmt die anderen. Oder die Heinzelmännchen. Es wird völlig ignoriert, dass man es selber war, ergo wird auch geschimpft (gen unbestimmt) und falls nicht, werden Ausreden vor sich selbst erfunden, warum das jetzt immer noch alles rumliegt. Falls das überhaupt nötig ist, Reiter sind ja schrecklich vergesslich und wissen daher nicht mal, dass sie dieses Chaos angestellt haben. Guppys sind ein Witz dagegen. Na, wenigstens räumen sie dann wieder auf. Bis sie alles erneut ins völlige Chaos stürzen lassen.

Foto: Der junge Mann wohnt sehr ordentlich. Über den reden wir in den nächsten Tagen auch mal …