Das ist heutzutage eine berechtigte Frage, denn ich glaube fast: Nein, ganz viele Leute, selbst die, die ein Pferd haben, können es nicht mehr. Es ist unheimlich. Früher ging man in die Reitstunde, wenn man reiten lernen wollte. Heute guckt man drei YouTube Videos, folgt vier Pferde-Instagram Seiten und dann war’s das mit Reiten lernen? Eventuell stellt man auch noch ein paar doofe Fragen auf Facebook.
Natürlich gab es auch immer die Reiter, die auf einem Bauernhof gelernt haben und niemals Reitstunden hatten – aber die waren eher die Ausnahme, und die haben trotzdem was gelernt, weil es meist Ältere gab, die eben doch was konnten. Es muss ja nicht immer gleich was kosten, wenn man was lernt.
Gottlob ist, zum Beispiel, Kutsche fahren viel zu kompliziert für den Laien … die Fahrer haben da echt Glück und die meisten lernen das richtig. Außer die Winteridioten, die Rodelschlitten an Pferde spannen und dann behaupten, das Pferd wäre gefahren. Der Schlitten hängt dabei an einem Strick am Longiergurt. Schimpft sich dann also fahren. Ahja …

Wo war ich? Achja … bei den Leuten die drölf Pferde haben, aber die nicht reiten können. Es aber trotzdem tun – das ist der feine Unterschied. Zu allen Zeiten gab es Pferdebesitzer, die selbst nicht die nötigen Fertigkeiten mitgebracht haben (zu spät erkannt, oder einfach durch die Lebensumstände so gekommen – Krankheit, Familie, etc). Die haben dann halt Pferde, die andere reiten. Freuen sich aber trotzdem dran. Völlig okay. Nicht okay: Einfach drauf rumjuxen und glauben, wenn man draufsitzt, dann reitet man auch. Wenn das wirklich die einzige „Reiterei“ ist, die man beherrscht, sollte man doch mal darüber nachdenken, ob man nicht doch mal Reitstunden buchen sollte? Es ist definitiv nicht jeder ein Autodidakt. Glaube ich einfach nicht, auch wenn das ja ganz viele immer behaupten. „Wer hat dir denn Springen beigebracht?“ – „Ich mir selber.“ – „Und hast du dir auch selber gesagt, dass du dabei die Zügel unterm Kinn haben sollst und außerdem halb vom Pferd fallen musst nach dem Sprung?“ – „Das ist ein feinfühliger Sitz!“ – „Aha …“

Dann gibt es noch die Variante: Reitschüler und trotzdem nichts können. Das ist Eltern ohne Zeit und Reitlehrern ohne Lust geschuldet. Eltern haben keine Zeit und keine Lust Kinder zu Theoriestunden zu fahren, sowie auch nur länger als fünf Minuten zu warten. Kind muss sofort alles … und wenn’s das nicht sofort lernt, dann muss es das auch gar nicht, weil Keks. Da kann das Kind halt immer noch nicht leichttraben.
Und Reitlehrer lassen es auch zu, weil sie keine Lust mehr haben. Da kann die kleine Simone halt immer noch nicht leichttraben. Was soll’s. Dem Pferd fällt das eh nicht auf.

Das Schlimmste an der Sache ist – all diese Leute haben aber durch die Bank weg ein Pferd (Ich bin immer noch für Pferdeführerscheine). Weil Pferde (besonders die Härtefälle, die jemanden benötigen, der reiten kann) nichts kosten. Echt nicht. Mit 500 Euro ist man dabei, man ist ein kleiner Gutmensch, hat was gerettet (in der Regel kommen solche Preise ja nur bei solchen „Rettungspferden“ vor) und außerdem ein Pferd, das man jetzt reitet. Scheißegal, was es hat und wie es ihm geht. Oder man kauft für bisschen teurer einen Traber oder Galopper. Ein junger Alpenpanzer ist in der Preisklasse auch noch drin. All diese Pferde brauchen trotzdem jemanden, der reiten kann. Oder wenigstens jemanden, der gewillt ist, mit dem Pferd zu arbeiten, am besten mit Unterstützung von jemandem, der es denn kann. Nö. Am Ende kann man die Pferde zwar Schritt, Trab und Galopp laufen lassen – aber Reiten kann man daran nichts nennen.

Noch gruseliger ist es, wenn Eltern für Kinder Pferde kaufen. Eben solche Eltern, wie erwähnt. Da kriegt die Tamara ein Pferd, weil sie dreimal kichernd auf dem Pferd saß – hat ihr wohl Spaß gemacht. Selbst keine Ahnung, Kind keine Ahnung (wie auch?), aber schnell ein Gaul gekauft. Es ist wirklich unheimlich, was das für Blüten wirft. Aber hey – immerhin brauchen wir uns nicht mehr wundern, was wir tagtäglich im Stall oder auf den Social Portalen sehen. Ist doch kein Wunder. Die Leute können heute scheinbar einfach nicht mehr reiten. Fühlen sich erhaben, wenn sie dreimal beim Bodenarbeitskurs waren, aber immer noch nicht leichttraben können. Sollte man ja jetzt meinen, dass die doch alle glücklich werden können, wie sie wollen. Tut doch keinem weh – doof nur: Dem Pferd, dem wird es irgendwann wehtun. Nicht heute, nicht morgen … aber irgendwann kommt die Quittung. Für den, der am wenigsten dafür kann.

Foto: Kann auch nix dafür, dass Frauchen nicht bandagieren kann.