Dieser Tage erst wieder gelesen. Da kommt jemand her, macht eine AKU, Pferd fällt durch und kauft daraufhin nicht. Und dann kommen doch die Moralapostel und sagen: Ach, das arme Ding, und jetzt, wo du es nicht kaufst, muss es bestimmt sterben. Da frage ich mich schon: Ach, du nimmst ein Pferd mal eben für 8.000 Euro auf, damit es nicht zum Schlachter geht (was ja überhaupt nicht gesagt ist)? Wo sind wir denn hier? Das Pferd ist zwar keine Ware, sondern ein Lebewesen, aber ich bin doch wohl nicht gezwungen, ein krankes, fremdes Pferd für viel Geld zu kaufen, nur weil ich eine AKU habe machen lassen. Wo sind wir denn hier? Nicht jeder hat das Geld und die Lust, einen Pflegefall hochzupäppeln, der mit krummen Beinen, schlimmen Hufen und Chips aufwartet.

Noch schlimmer ist es nur, wenn Leute ihr Pferd zurückgeben, weil es leider überhaupt nicht so ist, wie gekauft. Bei Autos und Dienstleistungen sind sie also immer groß, die Pferdemädels und schreien schon auf 10 Meter: „REKLAMATION, IHR FICKER!“ Aber weil ein Pferd ja ein Lebewesen ist, darf man das nicht reklamieren. Was im Klartext heißt: Händler dürfen weiter bescheißen, muss man halt mit Leben? In welcher Welt leben solche Leute?
So verfolgte ich doch zuletzt das interessante Thema eines gespritzten, viel zu alten Seniors, der als Nachwuchspferd angepriesen wurde. Hochgradig lahm, aber nicht diagnostiziert, zeigte er sich dann in den nächsten Tagen und es war klar, viel zu teuer, gerade noch ein Fall für die Rentnerweide, mehr für den Schlachter.
Die Besitzerin fühlte sich nun also aus zweierlei Gründen schlecht: Weil man sie betrogen hatte und weil sie jetzt in der moralischen Zwickmühle stand, das Pferd zurückzugeben.

Wegen solcher Leute, die dann direkt plärren. Jetzt mal im Ernst, soll die Dame dann das Pferd für die 10.000 Euro, die sie bezahlt hatte, behalten und es dann evtl. paar Tage danach zum Schlachter fahren, wenn die Diagnose endlich steht? Natürlich erst nachdem sie die Diagnostik selbst bezahlt hat? Wer tut denn das? Mit euch mache ich auch gerne Geschäfte, falls das wirklich jemand so locker flockig mal eben macht. Ihr könnt mir auch einfach das Geld schenken. Ich tanze noch ein bisschen wie ein Tanzbär, bespreche lustig euren Anrufbeantworter und lahmen tu ich auch nicht. Habt ihr mehr von. Zum Schlachter muss man mich auch nicht schicken und im Gegensatz zum Pferd bin ich sogar krankenversichert und koste nicht viel Futter.

Ne, echt, das versteh ich nicht. Selbst ohne die Nervensägen ist man in dieser Situation schon echt verzweifelt und hat keine Ahnung, was aus dem armen Pferd werden wird – nur kann man ja auch nicht die ganze Welt retten. Wird der Händler den Trick noch mal versuchen? Wird es getötet, weil sich keiner die Mühe macht, rauszufinden, was es hat? Moralisch ist die Frage nicht einfach. Aber die sollte jeder für sich alleine, oder mit Freunden beantworten. Fremden aus dem Internet, oder Leuten, die einmal durch die Stallgasse hupfen, ist man keine Rechtfertigung schuldig, dass die kaum lebensfähige Großbaustelle für knapp 10k zurückgegeben wird.
Das muss einfach jeder für sich entscheiden. Schließlich hat man im schlimmsten Fall 30 Jahre nen Pflegefall an der Backe. Das kann sich zwar der Pferdebesitzer bis zu einem gewissen Grad leisten, wenn er das möchte – aber das ist sicher nicht das, was er wollte. Und ob er damit dann glücklicher wird, als ohne das Pferd … weiß man nie.

Traurig, dass immer noch Leute meinen, anderen ihre Moralvorstellungen aufzuzwängen und sie dann noch zu beschimpfen, wenn sie sich rational dann gegen das Pferd entscheiden. Es gibt einfach nie eine richtige Antwort auf die Frage. Wenn das eigene Pferd zum Invaliden wird – das ist was völlig anderes. Und jetzt stellt euch mal vor: So jemand kauft, nachdem er lange sein krankes Pferd gepflegt hat, und es nun verstorben ist, noch ein Pferd. Und es ist genauso eins, wie hier beschrieben. Ist das fair? Muss die Person das noch mal durchleben? Einfach nur, weil man Pferde ja nicht zurückgibt, da man ansonsten herzlos ist?

Foto: Huiii, Sand! Foto von Morwen