Ein Kaltblut zu besitzen ist nicht einfach – nicht so sehr wegen des Pferdes, denn die gelten nicht zu unrecht als umkompliziert, doch so ein Kaltblut erschwert einem das Stallleben ungemein. Nicht zuletzt wegen der Mitreiter, die damit überfordert sind, wenn ein Pferd mehr als 800 Kilo wiegt und größer als der Durchschnittshannoveraner ist. Früher war es zu gleichen Teilen schwer und doch einfach – denn erst einmal wurde das Kaltblut ausgiebig begafft. So was Exotisches hatte bis dato ja noch niemand im Stall stehen gehabt, außer irgendwelcher Leute, die Kutschpferde oder Opas mit Kaltblütern hatten.

Trotzdem hatten die schon einen gewissen Sonderstatus. Hui ist der groß, hui ist der puschelig. Da guckt man also und der Besitzer hat ständig eine Horde Schaulustiger hinter sich, die so sinnvolle Fragen stellen wie: „Kann man die reiten?“ „Können die auch galoppieren?“ und „Was machst du denn damit?“.
Anschließend war das Kaltblut aber schnell uninteressant, denn es macht ja nichts Spektakuläres außer groß und dick sein.

Heute wird es da noch mal schwieriger, denn auf Facebook kann man ja gleich dieselben dummen Fragen in dreifacher Dosis stellen. Dabei würde ein Kaltblutbesitzer lieber ganz andere Dinge bei Facebook diskutieren. „Wo bekomme ich alles in XXXXXXXXL?“, „Wie kann ich mit so viel Puschel bandagieren?“, „Wo bekomme ich einen Stall her?“.

Denn es ist ja nun mal so, dass so ein Kaltblut von vornherein oft durch seine Größe von allem ausgeschlossen ist. Der nette Offenstall um die Ecke? Nur für Pferde bis 1,65m. Und wenn es nicht explizit dabei steht, haben die Leute trotzdem Angst vor den riesigen Kaltbluthufen, die ihren Pferden um die Ohren gehauen werden könnten.
Dann passt denen auch nichts. Nur weil das Pferd groß ist, hat es nicht automatisch wahnsinnig viel Platz auf seinem Rücken – Sonderanfertigung muss her. So ein Mist. Clevere Nichtkaltblutreiter schlagen trotzdem Wintec Sättel vor. Kann man IMMER gebrauchen.

Doch dann kommt das nächste Problem – hat man irgendetwas gefunden, das man guten Gewissens auf das Pferd legen kann, hat die Reiterwelt allerhand schlaue Dinge parat. Kaltblüter dürfen ja nicht galoppieren. Warum? Weil! Das besagt sicher irgendeine DIN Norm, die mal irgendwer angelegt hat. Ruht bestimmt in irgendeinem Aktenschrank der Anti-Kaltblut-Organisation, die sich gedacht hat, streuen wir mal Vorurteile, dann macht es mehr Spaß.
Springen dürfen die auch nicht. Die sind zu schwer, da kommt die Welt ja ins Stocken. Dressur machen? Ne, dürfen die auch nicht. Sind ja gar nicht dafür gebaut. Und auch so peinlich mit denen aufs Turnier zu gehen. Wie die immer trampeln. Und dick sind. Primär sind sie dick, das hört man immer wieder.
Egal, ob das ein Kaltblut ist, es muss die Statur eines Arabers haben. Sonst ist es nur fett und faul. Oder barock.

Trotzdem sind Kaltblüter praktisch. Für dicke Leute, denn die können alles tragen. Sagt das Internet. Ergo dürfen die auch nur auf Kaltblütern reiten. Diesen Vorschlag können wir oft unter Bildern lesen, wo jemand mit ein paar Kilos zu viel auf einem Pferd sitzt. Ist es kein Kaltblut wird die Person gefressen. Ist es eins, sind sie ein tolles Team. Logik bei Facebook!

Also merke: Kaltblüter sind ja doch für etwas gut. Damit kräftigere Leute nicht mehr auf armen Ponys rumreiten – scheißegal wie gut die geritten und trainiert sind und was die problemlos tragen können.

Foto: Kein Kaltblut. Darf trotzdem nicht aufs Turnier – weil kein Warmblut. Ich liebe Facebooklogik.