Irgendwann kommt es jedem Stutenbesitzer in den Sinn: Ein Fohlen muss her. Eine Miniaturausgabe der verkorksten Diva im eigenen Stall. Ach, was muss das schön sein. Generell ist so ein Fohlen ja auch etwas sehr Niedliches. Und wie schön sich das auch auf Fotos macht. Man kann jeden Schritt mitverfolgen, direkt aktiv am Pferdeleben teilnehmen: Kurzum: So ein Fohlen ist toll.
Endlich kann man alles besser machen, es ist ein Neuanfang, man muss nicht darauf gucken, was andere verkorkst haben, das Fohlen lernt nur das, was man selbst ihm auch beibringt und am Ende hat man das perfekte Pferd.

Oh … Moment … war hart, als du, lieber Stutenbesitzer auf dem Steinboden der Tatsachen aufgeschlagen bist, oder?
Also Kommando zurück. Denn es gibt die Variante wie es laufen soll (und was man sehr gerne ignoriert) und die, wie es auf Facebook gerne läuft. Oder im schlecht betreuten „alternativen“ Stall. Wo freie Luft und Liebe an der Tagesordnung stehen.
Denn jemand, der wirklich züchten will, der entscheidet das nicht einfach so über Nacht. Da wird wochenlang herumtelefoniert, Portfolios werden gewälzt, Hengste angeschaut, hingefahren, diskutiert, usw. Bis da überhaupt mal ein zum Pferd passender Hengst gefunden wurde … da geht schon einiges ins Land. Die Stute ist entsprechend auf Krankheiten gecheckt und nicht zu alt, wenn sie dann dem Hengst vorgestellt oder gesamt wird. Super, alles top. Da mache ich mir um den Fakt, dass da dann auch bald ein Fohlen purzelt und das entsprechend erzogen und behandelt werden möchte, gar nicht so Gedanken. Ja, auch für Leute, die ohne Papier Mixe züchten kann das gelten. Warum man das macht, weiß ich aber bis heute nicht.

Gruselig wird es, wenn die Hengstwahl auf den Hengst fällt, der grad im Nachbardorf rumwackelt. Weil er nur nen Fuffi und ne Stange Kippen für den Besitzer kostet. Oder für lau ist, weil der danach eh kastriert wird. Der soll nur mal schnell …
Die Stute ist auch nicht gecheckt, warum auch. Ist ne Stute. Weiß man nicht wie alt die ist. Hauptsache das Dingen wirft.
Tun sie auch. Ja, ja … kann sogar gutgehen (muss nur überhaupt nicht) und viel weiter als bis dahin, haben diese Besitzer auch selten gedacht. Nu haben sie ein Fohlen. Joa, kann mit auf die Wiese. Das ist schön.

Wie schnell so ein Fohlen dann aber hässlich wird. Immerhin sehen die spätestens einjährig aus, als wären die in der Behindertenwerkstatt getöpfert worden. Und im schlimmsten Fall sehen Jährlinge aus, als hätte ICH sie getöpfert.
Ab dann wird dieses süße Fohlen, das man vorher jedem zeigen konnte, auch irgendwie scheiße. Plötzlich wollen dann die vielen Fohlenmamas das heruntergekommene Struppelvieh nicht. Hat es eine Sonderfarbe, wird es bei Kleinanzeigen verschachert. Überteuert. Einhornreiterinnen greifen trotzdem zu. Andere machen Facepalm mit Klappspaten und Gartenstuhl.
Macht auch gar keinen Spaß mehr, zu warten, bis man die reiten darf. Ne, weg damit.
Während die gut durchgeplanten Stutenbesitzer sich gerade erfreuen und ungeduldig darauf warten, die nächsten Schritte planen zu können.
Entsprechend schauen wir uns also wieder beide Varianten dreijährig an. Die einen haben bereits den Trainer Gewehr bei Fuß. Die anderen einen Sattel und sich selber. Oder die Freundin einer Freundin, die schon mal auf einem Schaukelpferd gesessen hat und nicht runtergefallen ist.

Ab HIER nimmt die Sache jedoch einen ganz komischen Verlauf. Denn obwohl die gut durchgeplanten Stutenbesitzer sich alles so perfekt ausgedacht haben, mit dem „von klein auf begleiten“ klappt das nicht automatisch deswegen total super. Und wenn dann noch zufällig die Freundin von der Freundin, die nicht vom Schaukelpferd gefallen ist, dieses lustige Mischfohlen ganz passabel anreitet – dann ist hier verkehrte Welt.
Ja, liebe Stutenbesitzer … überlegt euch das vorher. Das Leben ist nicht immer fair.

Foto: Keine Stute, kein Fohlen, keine Probleme.