Heute noch ein bisschen kleiner. Jedenfalls unsere Welt im Stall. Auf dem Foto seht ihr den letzten Sommer, so wie mal alles war. Nicht im Bild, der Giftzwerg – der will ja nicht mit auf Fotos sein.
Würde man dasselbe Bild am heutigen Tage machen wollen … es wäre nur noch ein Pferd. Meins. Heute morgen hat die alte Dame ganz rechts ihre letzte Reise angetreten. Das letzte halbe Jahr war kein gutes Jahr für unseren Stall. Aber so ist das wohl, wenn man Tiere hat, die bei einem alt werden. So richtig alt. Welches Schlachtschiff von Warmblut wird schon 33? Man weiß immer, dass es nicht ewig ist. Aber wenn man sich so das Foto anschaut, dann denkt man – so ist es immer und so wird es auch immer sein.

Ist es jetzt nicht mehr. Aber es ist auch besser so. Hufkrebs, kaum noch Zähne, ein Hüftschaden, kurzum – sie hat einfach ihre Lebenszeit und auch ihren Körper aufgebraucht. Trotzdem ist der Zeitpunkt immer irgendwann überraschend. Auch wenn sich das die letzten Tage so eingeschlichen hatte. Mittwoch noch haben mein Stallbesitzer und ich darüber geredet, ob wir überhaupt noch mal den Schmied für sie brauchen werden. Es war einfach ihre Zeit gekommen.

Trotzdem wird diese große, fusselige, furchtbar liebenswerte alte Dame uns allen fehlen. Vor allem meinem Pferd. War sie schließlich die einzige Dame um die er sich kümmern konnte.
Aber auch so vielen anderen – denn diese Dame hatte was an sich, das Besucher im Stall anzog. Jeder, ausnahmslos jeder, den ich mit in den Stall brachte, stand irgendwann bei ihr. Ohrenkraulen. Bitte viel davon! Divenhafte Possen, wenn sie nicht auch etwas bekam. Mal eben die Jungs wegzicken, wenn sie wo ranwollte.

Ich weiß nicht, wie sie das gemacht hat, aber ganz oft verharrten Menschen an ihrer Box und sagten: Ach, die ist aber goldig. Und sie konkurrierte immerhin mit einem Shettlandpony! Sogar meine Oma, die sich sonst nicht an Pferde herantraut, wurde beim ausgiebigen kuscheln erwischt. Oma hatte schnell eine Erklärung dafür: Wir sind doch beide so ziemlich gleich alt. Wir verstehen uns. Verständnis war tatsächlich das, was ich dieser Dame als Charakterzug attestieren würde. So sieht ein Pferd aus, das alles versteht. Außer die Tatsache, dass man seinen Hintern nicht im Heulager parken darf. Denn dann kommt man nicht mehr raus.

Nun bleibt heute also auch die zweite Box leer. Traurig. Aber es wurde Zeit.