Reiter nehmen sich beim Pferdekauf in der Regel ja nicht vor, irgendein Pferd zu kaufen, sondern haben klar definierte Vorstellung von Können, Aussehen und Preis, sowie Verwendung und Alter des Pferdes.
Das klappt aber 0. So wirklich gar nicht. Machen wir das mal an meinem Beispiel:

Rennpferd? Okay, check! Grad noch hinbekommen.
Bunt? Nein.
Wallach? Yay!
Rittersportformat? Haha …
Aus ’ner netten deutschen Linie? What? I speak english very gut!
Bis 5 Jahre? Stellt euch hier das Zonk Geräusch vor.

Hat also nicht so gut geklappt. Dabei hatte ich schon kaum große Ansprüche. Andere Leute haben da mehr.

Frau P. zum Beispiel. Die möchte einen Nachwuchssportler mit Talent am Sprung und Platzierungen, mindestens A. Wallach wäre ihr lieber, Stute aber nicht ausgeschlossen. Was Gutes, aus deutschem Hause, ein schnieker Springer mit guter Abstammung. Und ’ne kleine Pommes noch obendrauf. Soll schick aussehen.
irgendwann bekommt Frau P. Synapsenklappern und kauft sich ein total süßes Tinkerhengstfohlen. Warum auch immer. Da schließt das Hirn sich selber kurz, zückt unsere Brieftasche und kauft doch einfach irgendwas. Weil? Weil! Da gibt es keine Begründung für.

Auch Frau M. möchte das Besondere. Ja, richtig, sie will Sonderlack, ist auch bereit voll tief in die Tasche zu greifen, damit sie künftig der Star bei jeder Reining ist. Es muss Sonderlack sein und das Tierchen schon gestartet. Mit Potenzial und so. Schleifengarant, damit die Tochter auch mal darf.
Bis Frau M. ebenfalls Synapsenklappern bekommt und einen Traber frisch von der Bahn anschleppt. Der hat Sonderlack am Hintern: Braun! Und ist gar nichts für die Tochter. Für Frau M. auch nicht, die weiß nämlich nicht, wie sie den Traber umschulen soll.

Und zu guter Letzt haben wir dann noch Frau A. Frau A. möchte ein total liebes Freizeitpferd. Rasse egal, Stute oder Wallach, egal. Bitte nicht älter als 10, sie möchte ja noch was davon haben. Ein wirklich liebes Pferd fürs Gelände, mehr will sie doch gar nicht. Und dann? Ihr ahnt es – Synapsenklappern und Frau A. kauft plötzlich ein junges Sportpferd für wenig Geld, das total schwierig im Umgang ist, weil sich da schon mal ein paar Möchtegernprofis ausgetobt haben. Da ist Frau A. das Gelände plötzlich scheißegal, da muss das ungestüme Problempferd in den Stall geholt werden.

Kurios: Es ist eine 50/50 Chance. Das kann echt gutgehen. Aber es kann auch absolut daneben gehen. Wenn die reiterlichen Interessen plötzlich die rosarote Brille abwerfen und feststellen: Mit dem Tinkerfohlen kann ich die nächsten 5 Jahre nix anfangen und meine Schleifchen mehren sich dadurch auch nicht.
Und der Traber taugt auch 0 in der Reining, der galoppiert ja noch nicht mal.

Da trennt es sich dann wieder: Ist die Liebe so groß, dass ich mich meinem Pferd und seinen Bedürfnissen anpasse? Oder liebe ich es eben, genau eine Sache besonders mit meinem Pferd zu tun? Beides gar nicht schlimm. Schlimm wird es nur, wenn Variante 2 mit dem Pferd kollidiert und dann das gefordert und immer wieder forciert wird, was das Pferd nicht kann, nicht mag und auch niemals mögen oder können wird.

Wenn also Frau P. auf Teufel komm raus versucht, ihren Jungtinker in ein M-Springen zu schicken, dann geht das in der Regel nicht gut aus. Und Frau M. sollte vielleicht auch nicht mit ihrem immer noch nicht umgeschulten Traber die nächste Reining für ihre Tochter nennen, wo der Traber noch nicht mal ansatzweise reagiert, wie ein Westernpferd das sonst so tut. Oh und er muss noch angesprüht werden. Ihm fehlt ja der Sonderlack.
Und Frau A. versucht auf Teufel komm raus ohne Trainer ins Gelände zu gehen, weil man mit ein bisschen Streicheln alles hinbekommt. Nach dem zwölften Beckenbruch ist sie aber immer noch der Meinung, dass das irgendwie geht. Hilfe? Braucht keiner von denen! Wo kämen wir denn da hin?

Foto: Aber ein ganz bisschen weiß hat er. Drei Haare auf der Stirn!