Man erkennt sie nach fünf Minuten am Verhalten, wenn man Hengst, Stute und Wallach mal ein wenig beobachtet. Hengste sind nur dann schwer zu erkennen, wenn sie noch nicht wissen, was da zwischen ihren Beinen baumelt, dann gehen die auch mal als sehr doofe Stute oder treudoofer Wallach mit komischen Attitüden durch.
Natürlich gibt es auch die typischen Aussetzer, die Stuten, die einfach völlig verpeilt durch die Gegend wieseln und die Wallache, die im falschen Körper geboren, ihre Diva Nummer durchziehen, sowie nicht hengstige Hengste – aber ihr wisst ja schließlich auch warum es Klischee heißt: Weil es zutrifft.

Morgens um fünf im Stutenstall. Die Damen haben geruht und mampfen jetzt noch ihre Reste. Sie brauchen Stunden, denn jedes Krümelchen muss erst mal begutachtet werden, nicht dass irgendein schlechter Mensch da Medikamente, oder Pülverchen drübergestreut hat, was man natürlich feinsäuberlich aussortieren muss – die Dame von Welt ist wählerisch.
Ich öffne die erste Box, aber Madame beachtet mich gar nicht. Es ist noch Futter da und das muss Haferkorn für Haferkorn auseinander genommen werden. Halfter anziehen? Passt das zu meinem Teint? Nein? Aha! Geh weg mit dieser Modesünde. Die Decke abnehmen? Nein, das möchte ich jetzt nicht, es fröstelt. Stute kommentiert also alle Decken und Halfterversuche drohend, während sie weiter in ihren Trog schmatzt und dort Sachen sortiert.

Okay, okay, dann eben zu den Jungs. Die sind auch viel besser drauf – und noch klein, die sind noch gar nicht so hengstig.
Tür geht auf, alles sprintet vom Trog weg – den sie eh schon ausgeputzt haben und nur so darin herumlecken, weil vielleicht dann ja noch etwas kommt. Erste Tür auf: „Huiiiii, spiel mit mir.“ Mir kommt ein Hintern entgegen gesprungen. Natürlich nur ganz spielerisch. Dafür gibt es (natürlich auch nur ganz spielerisch) einen Brüll von mir und das ganze Hengstrudel steht stramm. Oh, Mist! Nachdem das Halfter zwanzig mal angefressen und abgeleckt wurde, ist meine Jacke dran. Halfter passt auch nicht richtig, weil das Vieh sich jeden Tag wieder verändert. Minihengst kickt mit dem Vorderhuf nach imaginären Pokemon. Ich verlasse den Stall. Decken haben die zum Glück keine. Wahrscheinlich hatten sie mal welche, haben sie aber aufgefressen.

Auf zu den echten Hengsten – die mit dem Lümmel. Auch die sind fertig mit Futter. Aber halten dafür jetzt ein konspiratives Treffen ab und starren sich alle an. Weiß nicht, was die wollen, möchte ja auch nur schnell die Decken ausziehen und die Halfter anziehen. Das konspirative Treffen besteht aus Grunzlauten und Lümmel rumzeigen. Doof, dass den die anderen gar nicht sehen, denn untenrum ist die Box ja massiv – bevor noch ein Vollhorst ein Bein durchsteckt. Könnte passieren, denn die machen ständig mit den Vorderbeinen herum. Auch in meine Richtung. Vielleicht zum Gruß. Nur ist der Hitlergruß ja schon lange verboten und dieses durchgestreckte Bein kommt gar nicht gut bei mir an. Ich wedle mit dem Halfter. Der Hengst wedelt mit dem Lümmel und steigt. Muss so, ist ja ein Hengst. Halfter darf ich dann nach ein bisschen Kopfwedeln (L’oreal – weil ich es mir wert bin), anlegen und die Decke auch ausziehen. Wird mehrfach wiederholt.

Komme zurück in den Stutenstall, die Damen müssen jetzt doch mal fertig sein. Sind sie, sie schauen mich versnobt an, als hätte ich sie warten lassen. Dabei habe ich auf sie gewartet. Frage mich auch, was die jetzt schon wieder wollen, denn es herrscht Hochbetrieb, die Damen fangen mit Hausputz an und graben die Boxen um. Machen ja angeblich nur Hengste …
Ich entferne die bösen Decken die ausgiebig beguckt und beschnaubt werden müssen. Die könnten ja spontan mutiert sein.

Gehe eins weiter, zu den wenigen Wallachen. Gott, ist das ruhig hier. Mir fällt auch gleich das Denken schwer, weil das geistige Vakuum wohl ein Leck hat und in den Stall gesickert ist. Der erste Wallach steht da und guckt. Die anderen eigentlich auch. Die gucken gern. Also eigentlich am Allerliebsten. Schauen gerade alle interessiert ein paar Staubflusen hinterher, die sich im Sonnenlicht verteilen. Huiii ist das Spannend. Dadurch merkt keiner von ihnen, dass ich ihnen das Halfter anziehe und die Decke aus. Bewegen ist auch nicht so deren Sache, also muss ich mich ständig an Beinen, Hintern und Köpfen vorbeidrücken. Der Staubflusen lässt einen Pups und alle Wallache fallen vor Schreck fast um. Muss daran liegen, denn es ist eigentlich Totenstill. Versteh einer diese Pferde …

Foto: Manchmal meint er trotzdem, er hätte noch Eier …