Wir alle haben sie im Stall, die Reiter mit der Geländeangst, die zu Haus zwar den Mund aufreißen, aber im Gelände sooo klein mit Hut werden. Wenn das Pferd nur atmet. Oder pupst.
Ich reite meist alleine aus, weil bei mir am Stall 1. gar nicht so viele Leute sind und 2. von denen auch nur einer mit mir galoppieren geht, mein Stallbesitzer. Der ist schon über 60 und benimmt sich ganz normal im Gelände. Und damit wir uns richtig verstehen, wenn ich mit jemandem rausgehe, lasse ich Mozart nicht im Renngalopp dahinfetzen, ich galoppiere an letzter Stelle manierlich hinterher. Denn das Pferd meines Stallbesitzers ist schon 28 – möchte aber trotzdem vorne gehen, sonst wird der richtig biestig.
Mir ist alles im Gelände egal, ich sitze auf einem Pferd das durch Pfützen geht und auch sonst eigentlich lieb durch die Gegend dackelt. Außer bei Werbeschildern und Kanaldeckeln, da muss man ein bisschen mogeln.
Auch, wenn ich nicht auf meinem Pferd sitze, dann ist das immer noch kein Grund zitternd auf dem Tier zu hocken und ständig alles anzupschten, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Auch Eichhörnchen.

Aber die Reiter mit Geländeangst, die kriegen sich, sobald das Pferd einen Huf vom Hof gesetzt hat, nicht mehr ein. Sie flippen völlig aus und das, obwohl ihr Pferd eigentlich recht lieb ist. Oder sich nur vom Reiter anstecken lässt.
Sie spulen, wenn man sie fragt, auch einen Katalog von Antworten ab, auf den man Wetten abgeben kann, denn die Antworten sind in jedem Stall gleich:

„Es regnet bestimmt!“ – wird am liebsten bei drei Wolken am Himmel verwendet.

„Ne, heute muss ich mal was Richtiges tun.“ Gestern hatte man nämlich Springstunde, das war ja nix.

„Ich habe heute nicht so viel Zeit.“ Kleine Runden gibt es nicht, wer im Gelände ist, hat da mindestens drei Stunden zu bleiben.

„Der Schmied/Tierarzt war gestern da.“ Das hängt zusammen … weil? Nächstes Mal sag ich das auch völlig zusammenhangslos auf der Arbeit oder so. „Machst du bitte dies und jenes?“ – „Nein, sorry, der Schmied war da.“ Mal gucken, ob das klappt.

Ist man dann einmal mit diesen Leuten draußen, muss man sich ständig entschuldigen. Weil man mit der Jacke raschelt, oder weil das eigene Pferd eben ganz normal vor sich hindackelt. Oder mal unvorhergesehen nach links, statt nach rechts geht.
Nähert man sich einer Straße, flippen die Geländeängstler total aus, die bremsen, als säßen sie in einem Panzer (Bremsweg gefühlte 300 Kilometer), teilen uns schon vorher mit, dass gleich eine Straße kommt und trotzdem bleibt der Gaul nicht stehen, weil der Reiter ihn so lang genervt hat, dass an Stehenbleiben nicht zu denken ist. Der steht erst, wenn man selbst mit seinem straßensicheren Pferd daherkommt und sich an den Fahrbahnrand parkt.

Kommt man an eine Galoppstrecke, kennt das Pferd des Geländeangst-Menschen die auf jeden Fall, selbst, wenn es noch nie da war. Aber der Reiter warnt schon mal. „Ne, da können wir nicht galoppieren, der wird sonst ganz heiß.“ Ja, wo denn sonst? Ist nicht so, als könnte man sich Galoppstrecken überall spontan aus den Rippen schneiden.
Handzeichen darf man als Tetenreiter auch nicht geben, die verunsichern das Pferd nur. Weil man raschelt, oder weil man sich bewegt. Man weiß es nicht, jedenfalls werden die Handzeichen dafür benutzt, dass der Geländereiter auf jeden Fall noch unter: „Ohgottohgottohgott“ noch mindestens 10 Meter weiter knattert.

Auf dem Rückweg ist das Pferd des Geländeangst-Reiters auf 180 – denn es geht ja zurück zum Stall. Im Schrab, Finger in den Gebissringen. Während man selbst versucht das Pferd mit seinem eigenen abzuschirmen, denn spätestens jetzt will der Angstreiter nicht mehr vorne gehen. Schließlich rennt das Pferd, sobald die Arme mal ermüden, unkontrolliert los. Ist ja auch kein Wunder, mit so einem Reiter.

Foto: Schlammkur.