Irgendwann wird es einem passieren. Es sind Fremde im Stall. Das „wann“ ist meist eine Frage des Zaunes, oder der Offenheit des Stalles. Ganz so einfach ist es zum Beispiel bei mir im Stall nicht, weil man schließlich ein großes Eisentor hat, das zu ist, wenn niemand dort ist. Und drumherum Maschendrahtzaun bis gottweißwohin. Ergo: Man hat seine Ruhe, vor Unbefugten.
Aber nicht immer, nein. Denn WENN ich ja im Stall bin, dann steht das Tor offen. Oder sagen wir: Es ist aufgeschlossen, denn zu ist es schon.

Nichtreiter sind da total entspannt – Hausfriedensbruch? Quatsch. Ställe sind ein öffentlicher Streichelzoo, ergo darf man da ja wohl einfach rein, meistens wenn man Kinder hat, nur um die Pferdebesitzer anschließend als arrogant und kinderfeindlich zu beschimpfen, wenn die nicht wollen, dass Kinder in deren Boxen kriechen oder ihre Pferde abtasten. Dass es den Reitern meist um den anderen Fall geht (wenns Pferd das Abgetaste nicht mehr so witzig findet), das können sich viele Menschen gar nicht vorstellen. Nein, nein, die wollen uns nur nicht an ihrem Pferd teilhaben lassen. Dabei sind Pferde Allgemeingut. Überhaupt! Der Nichtreiter ist doch tierlieb. Mal gucken, wie tierlieb der ist, wenn ich in seinen Garten klettere, um seinen Hund oder seine Kaninchen zu streicheln.

So natürlich auch bei uns am Stall schon geschehen. Ich bin auf dem Platz, weil ich meine Stangen zurück räumen will, nachdem ich sie benutzt habe. Mein Pferd ist bereits in der Box, der ist ja fertig für heute. Ich bekomme nicht mit, dass sich plötzlich Mutter mit Kind zum Stall verirrt haben. Sehe es aber, als ich wieder um die Ecke komme und das Kind mein Pferd mit einem langen Strohalm nervt und den immer wieder in sein Gesicht wedelt. Während die Mutter daneben steht. Und mein Pferd kurz vor einem: „Ich spring gleich raus und steck dir den Strohhalm sonst wo hin!!!“steht.
„Entschuldigung?“ In Richtung Mutter. Mutter reagiert gar nicht. Ich sehe aus den Augenwinkeln, dass mein Pferd bereits steigt. Aufs Kind zu und ein Donnerwetter: „Hallo? Lass das gefälligst!“
Von der Mutter kommt nur Unsinn. So was wie: „Jeremy-Pascal, ich hab dir vorhin schon mal gesagt, dass man das nicht macht …“
Auf die Frage was sie denn hier machen, bekomme ich ein kesses: „Pferdestreicheln.“
Ja, aber bitte NICHT auf Privatbesitz. Hmmm … Das kann man ja nicht wissen.

In meinem alten Stall noch deutlich häufiger anzutreffen, denn Schulbetrieb zieht oft natürlich auch Eltern mit Geschwistern an. Aber die glänzen vor allem mit Ahnungslosigkeit – auch wenn ich nie weiß warum. Ich kann es nur wiederholen: Wie würden SIE sich fühlen, wenn ICH in ihre Küche einsteige, um ihren Goldfisch zu beknuddeln? Blöd, oder? Ja, richtig! Wir tun das auch!
Egal, zurück zu den Reitkindereltern ohne Gehirn, lassen Kinder in Jungpferdeboxen reingehen, oder beim Hengst, weil der doch so schön aussieht. Kein Thema.
Ich glaube auch, die hoffen, dass die ihr Kind so loswerden. Anders kann ich mir manche Leute wirklich nicht erklären. Zu faul für die frühzeitige Babyklappe, aber vielleicht geht es ja ENDLICH im Stall Hops.

Das Auge von Sauron rollt jedenfalls gerade mit mir den Weg zur Halle hinauf, als ein wildgewordener Vater mit Kind aus dem Gebüsch springt. Das Kind schon auf Hüfthöhe gehoben, und möchte es mit Schwung auf den Todesstern werfen. Die möchte auch was werfen. Und zwar sich auf den Boden. Oder das Kind in den Teich. Bevor das Kind den todessternigen Rücken berührt, brülle ich: „HEY!“
Der Vater lässt enttäuscht das Kind zurücksinken. „Ja, was denn? Nur kurz reiten.“
„Ähm … NEIN!“
Völlig ungefragt, völlig unverfroren! Geht schimpfend weg. Während ich ihm nachrufe, dass er sein Kind woanders viel schneller und sicherer loswird, wenn er es so gar nicht mehr haben will. Der Todesstern ist nicht so zielsicher. Aber zielsicher wütend ist sie, weil sie Kinder so wenig leiden kann.

Man kann ja immer noch entschuldigen, dass sie es nicht besser wissen. Aber setze ich mich in deren Auto, nehme ihnen den Schlüssel weg und sag: „Ja, was denn, nur mal kurz Autofahren!“? Nein? Aha. Ist mir echt unbegreiflich.

Wenn man jetzt noch mal beide Augen zudrückt, gut, dann sind die halt noch neu im Stall. Aber morgen kommen wir zu denen, die NICHT neu im Stall sind – Reiter in fremden Ställen. Und da gibt es EINIGEs …

Foto: Fremde dürfen nur dazu, wenn sie Futter haben. Sonst können sie sich verpissen.