Reiter dürfen keine Fehler machen, jedenfalls nicht im Internet. Da laufen nur fehlerlose, regenbogenpupsende Mädels herum und die wissen alles, kennen alles und machen auch alles richtig. Umso kurioser wird es, wenn jemand im Internet nachfragt, gerade WEIL er einen Fehler gemacht hat. Kann ja sein, dass die Leute so ehrlich sind und sagen: Ist mir auch mal passiert, ist aber nicht schlimm.

Gestern zum Beispiel. Da hat jemand seinem Pony ausversehen zu viel Wurmkur gegeben. WIE DUMM IST DIE DENN? So ist zumindest von empörten Fehlerlosen zu hören. Nicht mal die Striche ablesen kann die. Und was für Wurstfinger die haben muss. Grauenhaft! Das Pony hat jedenfalls jetzt keinen Darm mehr und muss sterben. Und ruf gefälligst beim Tierarzt an, du dummer Mensch!
Jetzt mal im Ernst – ist euch noch nie was Dummes passiert? Es heißt ja nicht, das man das absichtlich macht, aber im Tran, weil man nicht aufgepasst hat, weil man abrutscht, oder sonst was … nein? Da ist euch noch nie was passiert? Dann seid ihr wahre Wunderwerke der Natur.

Mir ist zum Beispiel mal was sehr Blödes passiert. Pferd hatte eine Wunde, die recht tief war. Da gerade der Tierarzt meines Stallbesitzers eh da war, rief er mich an und fragte, ob er ihn mit verarzten soll. Ich war natürlich auf der Arbeit, sagte aber ja.
Es gab eine Salbe und gut wars. Nichts Wildes, muss nicht genäht werden. Ich nahm also abends die Salbe, schmierte noch mal nach und wies auch meine Reitbeteiligung an, die am nächsten Tag draufzumachen. Bis ich mir am dritten Tag mal ansah, was ich da eigentlich schmiere. „NICHT AUF OFFENE WUNDEN AUFTRAGEN!“ Ähm … Hätte ich auch mal vorher lesen sollen. Statt einem mir fremden Tierarzt mal blind zu glauben. Aber: Wunde ging dann auch so wieder zu und das obwohl ich die schlimme Salbe draufgeschmiert habe.

Mir ist auch schon eine Longe runtergefallen und das Pferd reingetreten, ebenso sind mir andere Dinge passiert. So what? Das ist halt so, wenn man mit seinem Pferd arbeitet und es nicht nur anguckt. Wenn ich jedes Mal alle Fehlerquellen vorher beheben muss, damit ich mit meinem Pferd arbeite, muss ich mich (und jeden anderen Reiter auch) vor das Stalltor stellen. Dann arbeitet aber niemand mehr mit seinem Tier. Auch irgendwie blöd.

Wir reden hier schließlich nicht von grober Fahrlässigkeit, sondern von Missgeschicken, die jedem mal passieren können. Genauso wie Pferde Sachen fressen können, die sie nicht sollen, man vergessen kann nachzugurten (lernt man dann auf die schmerzhafte Tour – habe ich mir sagen lassen, ist mir tatsächlich noch nicht passiert) und dass man sein Zeugs pflegt auch, denn sonst reißt eben auch mal Leder. Auch in der Arbeit, beim Galopp. Im Bogen mit nur einem Steigbügel, wenn man Innen geht, ist ein ganz kurioses Gefühl, das kann ich auch sagen.

Es muss einem ja nur etwas aus der Hand fallen. Eine Longierpeitsche, die das Pferd erschreckt. Oder der Hufkratzer kann mal abrutschen und man tut seinem Pferd damit weh. Meint wirklich jemand ernsthaft, das macht man weil man dumm ist, oder gar mit Absicht? Falls ja, kann ich nur einen Kindergartenspruch entstauben, der genauso albern ist, wie diese Vorwürfe: Selber!

Fragt die Leute mal, die sich so über Fehler echauffieren, was denen in letzter Zeit an Geschirr runtergefallen ist, oder welche Sachen sie so im Stall verbockt haben. Wenn die behaupten: Nichts – dann lügen sie. Niemand ist fehlerfrei. Wirklich niemand. Außer natürlich Einhornreiterinnen und das Pferd selbst. Pferde machen ja nie Fehler. Wenn man da unseren Halsring-Nevzorov-Bodenarbeitsgurus glauben darf.

Foto: Hat letztens gelernt, warum ich nicht will, dass er sich dauernd nach rechts dreht. Da hatte er den Sattelhalter im Gesicht.