Das frage ich mich ja immer wieder, wenn Leute mit ihren neuesten Schätzen herumprahlen. Exterieur? Für Schlümpfe. Auch sonst, wenn sie uns zeigen wollen, wie toll sich ihr Pferd gemacht hat, dann fällt man ja manchmal tot um, vor lauter Grusel. Und wenn es mich gruselt, was müssen dann Züchter dabei anstellen? Nackt und lachend in die Kreissäge springen? Wahrscheinlich möchten sie das, sie nicken aber nur, weil das laufende Hängebauchpferd ohne Hals vielleicht endlich mal zeigt, warum Zucht und Exterieur mit Sinn und Verstand sinnvoll sind.

Heutzutage sieht nämlich eine Diskussion so aus, wenn jemand ein Pferd kaufen will:
„Hier, guckt mal, ich überlege das Pferd zu kaufen.“
Wir sehen in der Anzeige Bilder von einem Wasserkopf mit Glubschaugen. Könnte auch eine Piñata sein, weiß man nicht. Dazu sehen wir ein Bild von schräg unten, mit einem hippen Filter und ein paar Beine. Außerdem ein Bild vom Pferd mit Reiter, allerdings sehen wir nur, wie es hübsch über eine Wiese geritten wird. Sehr aussagekräftig.
Was man aber bei dem Glubschaugenbild schon sieht, ist, dass das Pferd krumme Beine und einen Unterhals hat.
Findige Betrachter erkennen dann auch noch, dass das Pferd sehr passartig läuft, obwohl da so viele Gräser vor sind.
„Na, ja … hat viele Baustellen“, sagt man der Person dann.
„Wieso? Das soll ja kein Top-Dressurpferd sein!“ Sofort auf anti schalten. Das lieben alle Reiter. Und das guckt doch auch so süß. Obwohl es kein Friese ist.
„Darum geht es gar nicht“, klärt man dann die verliebte Pferdeflüsterin auf. „Aber das sieht aus, als wenn die schon ein paar Probleme hat. Möchtest du dir das ins Haus holen?“
„Dir ist auch nur die Abstammung wichtig, was? Auf Papieren kann man aber nicht reiten.“
Ja … kann man nicht. Auf Krüppelpferden, die aussehen, als hätte sie jemand aus Mett modeliert, der nicht älter als zwei Jahre war, auch nicht.

Es ist wirklich unheimlich. Die Leute sehen das auch gar nicht mehr. Früher … ja, da war alles besser, wenn man mal von den Weideunfällen absieht. Da haben die Leute noch beim Züchter gekauft. Da hab ich auch selten solche Unfälle auf vier Beinen gesehen. Ja, ich wusste lange nicht mal, was es für komische Viecher gibt, die sich dank „liebevoller“ Besitzer durch den dreizehnten Parelli-Kurs quälen müssen, weil der Unterhals doch endlich weg soll und das geht dann wieder nur mit Bodenarbeit. Hat ja jemand gesagt.

Aber gut, der Mensch kann sich natürlich auch die stotternde Wanderdüne kaufen. Wo die Liebe hinfällt. Jedes Pferd hat Baustellen. Ich muss reden, die Galopper sind ja nun auch nicht gerade auf super Exterieur gezüchtet. Aber ich weiß das. Entsprechend muss ich gegenarbeiten, damit diese Mängel gut behoben werden können. Und wenn ich mein Pferd zum zehnten Mal mit Stangen ärgere, dann hat das einfach seinen Grund.

Andere ignorieren das. Dass man mit dem Hängebauchschwein namens Pferd vielleicht nicht nur ins Gelände reitet, weil das so viel Spaß macht, das wird ignoriert. Gelände ist doch gesund. Ja, aber es wäre viel gesünder, wenn man mal die Hinterhand aktiviert, die hinterhergeschliffen wird! Da wird weiter auf der Vorhand gelatscht, während der Unterhals sich hübsch aufwölbt. Und der Rücken abwärts. Das geht doch. Soll doch irgendwie von hinten nach vorn und bla, bla, bla …
Auch immer spannend, wenn dann der Schmied kommt und versucht, noch irgendetwas zu korrigieren. Da wird es dann ja meist erstmal schlimmer, denn das Pferd ist gewohnt, so zu gehen.
Das ist dann übrigens alles der Schmied schuld. Nicht das grottige Exterieur und die unangepasste Reitweise. Lieber schnell den Schmied wechseln. Und nicht vergessen: Alle bei Facebook vor dem bösen Mann warnen.

Foto: Immer was Neues. Gerade nimmt er ab, weil er seinen Kumpel vermisst.