Meine Eltern waren waschechte Nichtreiter und haben mich zum Glück im richtigen Stall zum Reiten angemeldet, es hätte auch der Abteilungsboxenknast im selben Dorf werden können. Klar, damals waren die Möglichkeiten sich zu Informieren begrenzt, da musste man ein bisschen auf Mundpropaganda hören, doch heutzutage ist es doch einfacher. Und auch wieder sehr schwierig, denn es gibt so viele Reitweisen und Wege, wie es Menschen gibt und schlechte Bewertungen, schnell mal anonym ins Internet gekritzelt viel häufiger, als ein kleines Lob – man zahlt schließlich dafür, da hat es automatisch gut zu sein!
Mittlerweile haben sich aber auch die Haltungsbedingungen deutlich gebessert und wenn ihr mal mitfahrt, erkennt auch ihr als Laien, ob der Stall was taugt oder nicht. Dabei geht es nicht um Euren Comfort, sondern um den der Pferde. Und Ihr müsst ja auch gar nicht immer mit.
Ich jedenfalls war glücklich und zufrieden in meinem Stall, habe dort sehr viel Zeit verbracht und eine ganze Menge gelernt, bin Turniere gegangen, habe Reitabzeichen gemacht, ohne dass mir da jemand im Hintergrund die Stange gehalten hat, war sehr selbstständig und habe sogar Turniernennungen mit Hilfe meiner Reitlehrerin als 12 Jährige auf die Kette bekommen. Ihr seht also: Reiten macht Kinder selbstständig, gerade, wenn Ihr nicht drumherum gluckt! Allerdings freuen sie sich genauso, ihren nichtreitenden Eltern etwas vorzuführen. Da können sie richtig stolz sein, was macht das schon, wenn Mama und Papa nichts vom Reiten verstehen? Die sehen doch trotzdem wie gut ich reite! Und wie gut fühlt sich das an, wenn man den eigenen Eltern noch etwas beibringen kann!
In der Pubertät hört beides meist auf – das Beglucken durch die Eltern und dass Kinder ihre Eltern um sich haben wollen. Und dann geht es oftmals los, gerade wenn sich nicht alles so entwickelt, wie sich Eltern das vorgestellt haben.
Viele Eltern verstehen nämlich nicht, dass Reiten ein Hobby ist, das man nicht einfach „wegnehmen“ kann. Meine Eltern waren groß darin – schlechte Note? Na, wer darf erst mal nicht reiten? Ich. Es hilft aber überhaupt nicht dem Kind sein Hobby wegzunehmen, denn davon werden die Noten nicht besser. Stallzeiten beschneiden – völlig okay. Man MUSS nicht den ganzen Tag im Stall herumhängen, wenn man eine Reitbeteiligung oder eine Reitstunde hat. Mehr als ca. 3 Stunden muss das einfach nicht dauern – danach kann immer noch gelernt werden.
Bei simplen Reitschulpferden mag das ja sogar noch irgendwie machbar sein – versetzt euch jetzt aber mal auf Besitzerseite, wenn euer Kind eine Reitbeteiligung hat. Einfach zu sagen – das Kind hat schlechte Noten, hat sein Zimmer nicht aufgeräumt, war frech, usw, es darf nicht mehr kommen, ist einfach mies. Nicht nur, dass die Besitzer spontan plötzlich jemanden für ihr Pferd finden müssen, nein, finanziell fällt das ja auch weg. Und ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass das Kind, wenn es denn in einem halben Jahr bessere Noten hat, wieder eine Reitbeteiligung an dem Pferd bekommt? Der Besitzer möchte ja auch jemand Zuverlässiges haben – das geht nicht, wenn die Eltern HÜ und HOTT spielen und das Kind mal kommen lassen, mal nicht.
Sprecht mit den Besitzern des Pferdes – man kann ja auch Kompromisse finden: Nur noch ein Tag in der Woche, usw. Aber die Besitzer vor vollendete Tatsachen stellen, plus das Kind sofort abzuziehen ist wirklich nicht schön.
Und Geschrei habt ihr auch – euer Kind hat nicht ohne Grund dieses EINE Pferd als Reitbeteiligung. Es hat das Pferd lieb und es möchte genau dieses Pferd reiten. Es geht nicht um die Tatsache, dass sie reiten möchten, sondern darum, dass sie genau dieses Pferd besonders mögen und mit ihm Zeit verbringen wollen. Da nützt es nix, wenn ihr dann schnell eine andere Reitbeteiligung sucht und dasselbe abzieht. Am besten noch so, dass ihr verkündet, warum das Kind nicht mehr kommen darf – wie unangenehm das Eurem Kind ist, weil sogar im Stall jeder weiß, dass die Englischnote schlecht war … brauch ich nicht drüber reden, oder?
Ich dachte, das gehört der Vergangenheit an, aber leider habe ich in letzter Zeit sehr oft solche Posts von leicht verzweifelten Teenagern gelesen, denen man das Hobby gestrichen hat. Weil die Schule leidet. Die leidet aber nun mal nicht ausschließlich aufgrund der Reiterei.
Man hat Verantwortung gegenüber der Kreatur Pferd und die sollte ein Kind in dem Alter auch wahrnehmen dürfen. Das ist nämlich etwas Tolles!

Denkt gut darüber nach, bevor ihr zum Hörer greift und das Kind mal wieder von der Reitschule abmelden wollt.

Foto: Schnee – sein liebstes Wetterphänomen!