Es ist manchmal echt nicht einfach, mit einem Pferd über belebte Straßen zu gehen. Nicht, weil das Pferd nicht straßensicher wäre, sondern deswegen, weil viel Leute ihr Hirn ausschalten, wenn sie Pferd und Reiter begegnen. Oder sich schwer witzig finden.

Wir kennen natürlich alle diese tollen Autofahrer, die es schwer witzig finden, dem Pferd fast in die Hacken zu fahren, um dann dabei zu hupen, aber auch sonst vergessen viele Mitbürger ihr Hirn, wenn sie Pferden im Straßenverkehr begegnen. Da könnt ich euch Sachen erzählen … hui …
Mein erster Ausritt führte mich also über diese Straße. Sie wird in der Kurve einspurig und meine Mitreiterin warnte mich noch: „Geh neben mich, die Spinner versuchen sonst zu überholen.“
Ich hab gedacht, sie übertreibt, aber nein! Ein Golffahrer heizt astrein an beiden Pferden vorbei. In einer engen 90° Kurve, in einer 30er Zone, wo man selbst schon mit einem Pferd sehr viel Platz ausfüllt.
Prost Mahlzeit. Das kann ja heiter werden bei künftigen Ausritten oder Gassi Runden am Boden.

Aber auch, wenn die Leute nicht im Auto sitzen, verhalten sie sich manchmal so, als wären sie irgendwie geistig umnachtet. So finden es Jogger schwer lustig am Bach genau zwei Milimeter hinter meinem Pferd zu laufen, während sie lautstark schlurfen, statt einfach daran vorbeizujoggen. Oder Leute schmeißen vor Schreck ihr Fahrrad in den Graben, wenn ich nur am Horizont auftauche. So hässlich bin ich doch eigentlich gar nicht …

Aber die Nichtreiter haben dazu auch noch ein unheimliches Mitteilungsbedürfnis. Das steigt exponentziell, wenn man das Pferd führt. Wirklich, man wird tausend Mal angesprochen. Von Leuten, die einen als Fußgänger nicht mal wahrnehmen. Hat man ein Pferd dabei, muss es wohl einen Knigge dafür geben, dass man den führenden Leuten mitteilt: „Pferde sind zum reiten da.“ Oder gar die Frage: „Kann man den nicht reiten?“
Altreiter und solche, die es werden wollten, wollen Bestätigung für ihre wilden Theorien: „Der ist sicher noch jung, ne? Den kann man noch gar nicht reiten.“
„Kommt drauf an, ob Sie 13 jetzt sehr jung finden …“

Dann gibt es natürlich noch die Ängstlichen. Die erkennt man daran, dass sie sehr viel Abstand halten, gehen, atmen und denken seinlassen und dann so was saudämliches machen, wie einen Regenschirm aufklappen, oder ein lautes Geräusch. Wackelt dann das Pferd mit einem Ohr, hüpfen sie mit grünem Gesicht in die nächste Pfütze und schimpfen manchmal sogar noch.
Und es gibt die Idiotenfußgänger, die es genauso lustig finden, wie die Idiotenautofahrer, das Pferd zu ärgern, während man es dabei hat. Egal, ob man draufsitzt oder nicht. Allerdings sinkt die Lust zu ärgern auch, je näher das Pferd plötzlich mit bedrohlich nach hinten geklappten Ohren kommt.

Und manchmal vertut man sich so richtig, denn man kategorisiert als Reiter ja gerne die Fußgänger um sich herum. So kam ich (mit Pferd an der Hand) einst von einem längeren Spaziergang zurück und ging auf eine Gruppe … nennen wir es: Jugendliche mit Migrationshintergrund zu. Sie hörten laute Musik mit ihrem Handy (was mein Pferd abgrundtief hasst) und er tänzelte ein wenig. Die Kerle beäugten mich und das Pferd, kicherten und schubsten sich gegenseitig. Dachte mir: Na, die wollen jetzt wohl cool sein und schicken einen vor.
Ich komme näher und näher, erreiche den ersten, der lautstark mit seiner Jacke raschelt. Pferd, was mittlerweile dank der Musik schon total nervös ist, hüpft zur Seite.
Bevor ich sie bitten kann, Platz zu machen, klatscht der eine dem Störenfried die flache Hand gegen den Hinterkopf und schnauzt ihn an:
„Alta! Siehst du nicht, dass dem Pferd Angst hat, du Spasti?“

Da musste ich schnell weitergehen und konnte mich leider nicht bedanken. Bin nämlich vor Lachen fast geplatzt. War aber wirklich nett.

Foto: „Dem Pferd“