Wir wissen ja: der Störfaktor sitzt meistens im Sattel. Er hindert das Pferd an den meisten Dingen, die es eigentlich ja umsetzen will – aber dann ist da noch dieser Hanswurst, der einem im Rücken rumplumpst, oder sein Gewicht nach Usbekistan verlagert statt nach links. Und prompt klappt eigentlich gar nichts mehr. Da kann natürlich das Pferd nichts für. Sicher, auch das Pferd macht seine Fehler oder versteht schlichtweg nicht, was wir gerade möchten, aber das ist ja auch unser Job ihm das zu verklickern. Und wenn es nicht verstehen will, ist es auch unser Job, es zu überreden.

Ich zum Beispiel störe mein Pferd häufig beim angaloppieren. Ich möchte nicht, dass er in den Galopp rennt, er tut das aber immer mal wieder. Aus dem Stand oder im Schritt kann man ihn wunderbar angaloppieren. Hopp und weg. Ist nicht immer die richtige Hand, da mein Pferd (so wie ich) eine rechts-links-Schwäche hat, aber passt. Im Trab hingegen meint er, er müsse jetzt lostraben wie ein Traber auf Ecstasy, damit der Galopp auch ankommt. Das mag ich nicht (kann man ja nicht sitzen), ergo gibt es Paraden. Dabei gerate ich dann manchmal auch ins Klammern und dann kann man nicht angaloppieren. Also fegen wir wie die gesenkte Sau übern Platz, aber galoppiert sind wir nicht. Ich schimpfe, weil ich nicht sitzen kann, Pferd schimpft, weil er nicht galoppieren kann.

Wir gehen dann Schritt, sind ne Runde stinkig aufeinander, dann wird noch mal im Schritt angaloppiert und meistens tut’s dann das auch. Wenn es ganz arg wird, gehe ich in den leichten sitz um anzugaloppieren. Ist aber konträr zu meinem Ansinnen – ich komme ja aus dem Aussitzen. Also möchte ich das auch weiterhin tun. Pferd sagt: Aber niemand hat mich je ausgesessen, das ist blöd, das mag ich nicht. Dann sage ich: Du kannst mich mal, das machen wir seit 10 Jahren so, das ist länger als deine Rennkarriere. Wir schmollen mal wieder ein bisschen. Dann entscheiden wir uns zum durchatmen und es geht plötzlich wieder. Eigentlich ja auch normal. Man funktioniert nicht immer wie eine Einheit, weil es hier um zwei Individuen geht, die sich verstehen wollen, aber nicht dieselbe Sprache sprechen.

Allerdings möchten die sich manchmal auch nicht verstehen. Oder verstehen sich schon – aber sie wollen einfach unterschiedliche Dinge. Mein Pferd weiß, dass es nicht einfach Gras mitnehmen darf. Er ist zu wohlerzogen um anzuhalten, aber er hapst gerne so im vorbeigehen. Da störe ich ihn dann natürlich auch. Bewusst. “Lass das.” Danach ist er beleidigte Leberwurst, versucht aber natürlich trotzdem irgendwann wieder, ob man nicht damit durchkommt. Damit stört er mich. Weil ich mir denke: Das gilt ja nicht erst seit gestern. Kommt dennoch immer wieder voller Überraschung.

Übrigens ja – wir stören manchmal das Pferd auch mit unserer Anwesenheit. Wenn’s Pferd schnarchend rumliegt, dann muss es doch nicht sofort aufstehen. Manch einer scheucht dann hoch (das ist immer dann legitim, wenn man gucken muss, ob’s nicht vielleicht verstorben ist), sonst versucht man das aber natürlich zu vermeiden. Ich finde das auch immer viel zu knuffig, um dann zu sagen: Hömma, ich will aber was machen. Er ist doch sooooo müde. Man lebt sowieso am besten mit einem Pferd, wenn man versucht, es so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig zu stören, wenn es eher so um lebensgefährliche Dinge geht (auf Straßen laufen, an giftigen Dingen fressen, etc.).

Foto: Feeeeein, kriegst nen Keks!