Kennen wir den Spruch nicht alle? Das ist die permanente Ausrede für sämtliche Hunde und Pferdehalter, die die unnachgiebige Grausamkeit des Universums auf die Normalsterblichen losgelassen hat.
Da steht man also, auf dem Parkplatz, am Supermarkt, irgendwo in der Fußgängerzone oder reitet gemütlich durch den Wald und die erste Fußhupe hängt einem am Bein, hat sich schon in den Schuh, Gamaschen oder die Haut verbissen, aber ja – will nur spielen. Oder das Pferd, das gerade schon den halben Arm im Maul hat – ja, auch das will nur spielen.

Ich galoppiere auf einem Reitweg munter vor mich hin. Nicht zügig, aber eben ein Galöppchen in Ehren. Nichts Schnelles, ich sitze ja auf der Omma. Die Omma kann nichts erschrecken, auch nicht die Bahn, die tutend an ihr vorbeifährt. Was die Omma aber erschreckt, ist der Bordercollie, der sich plötzlich wütend kläffend aus dem Gebüsch auf sie stürzt und an ihr hochspringt. Komplette Drehung im Galopp (sportlich, sportlich) und Abgang in einen Baum, dessen Ast mir ziemlich hart gegen die Schulter scheppert.
Weit und breit kein Herrchen in Sicht, denke schon fast, der wütende Hund sein entlaufen, der knurrend um die Beine der Omma schleicht, da kommt wild japsend eine Frau angelaufen und ruft den Hund, der freudestrahlend an ihr hochspringt.
„Ach, der will nur spielen, der tut Ihnen nichts.“
Versuche der Dame zu verklickern, dass sie auf einem Reitweg nicht einfach den Hund frei laufen lassen kann.
„Ja, wo denn sonst?“, fragt sie entrüstet.
„Hier sind zig Feldwege und Grünflächen. Was hätten sie denn gemacht, wenn der mir jetzt unter die Hufe geraten wäre?“
„Da müssen sie halt aufpassen! Der tut doch gar nichts.“

Drehe um. Das ist es mir nicht wert. Zu Hause nehme ich den Sattel herunter, wo mich alle ein bisschen sparsam anschauen, denn die fragen auch, was ich eigentlich gemacht habe: Blätter rieseln auf den Boden. Übrigens – die Schulter war blau.

Aber auch andererleuts Pferde sind ein riesiges Problem, wenn ihre Mätzchen mit: Der will nur spielen abgetan werden. Ich weiß ja nicht, wie andere Pferde spielen, aber ich weiß wie unsere Junghengste spielen. Und wie mein Pferd mit seinen Freunden spielt – das soll er sich bei mir gar nicht wagen. Dennoch verunstalten meinen Körper einige Narben von Pferden, die ja nur spielen wollten. Und die ich mal eben halten sollte. Vor allem die Beißer sind mir ein Graus und kriegen rigoros ein Echo. Mich hat nichts und niemand zu beißen. Auch nicht Lieschen Müllers Pony, das ja soooo süß dabei guckt.

Versuche mir meinen Weg durch andere Pferde zu bahnen, die das Tor blockieren, weil mein Pferd natürlich wieder ganz hinten steht. Eine besonders vorwitzige Stute schleicht um mich herum. Bevor ich überhaupt reagieren kann, keilt sie schon los, Richtung Gesicht. Da ich weit genug entfernt bin, trifft sie mich nicht, aber ich habe etwas, das sie nicht hat – eine Verlängerung, ich schleppe nämlich eine Trense mit mir herum. Die landet scheppernd auf dem Hinterteil des aufsässigen Tiers und prompt ist die Stute weg. Nicht aber die Besitzerin, die ist jetzt plötzlich wie von Zauberhand da. Wie ich ihr Mäuschen hauen könnte. Sagen wir, weil ich es kann?
Was sie nicht weiß: dass „Mäuschen“ ständig versucht die Zweibeiner auf der Weide zu treten. Oder sagen wir – sie hat es schon gehört – verstanden hat sie das aber nicht. Ich weiß das auch. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass die Kröte es versucht. Dafür aber das erste Mal, dass ich sie erwische.
„Aber die spielt doch nur“, jammert die Besitzerin, die wahrscheinlich gleich erst mal einen Beruhigungstee mit ihrer Kröte trinken wird.

Echt, der nächste, der diesen angestaubten Spruch verwendet, bekommt von mir zu hören: „Sag doch gleich, dass dein Mistvieh unerzogen und eine Gefahr für andere Leute ist.“

Foto: Will auch spielen, weiß aber, dass Menschen nicht mit ihm spielen.