Das Nervöschen lässt sich nicht an der Rasse festmachen. Es ist einfach da, wird so geboren und legt die Nervöschen-Eigenschaften auch niemals völlig ab, auch wenn sich temporäre Besserung durch strengen Drill manchmal einstellen möchte.
Denn das Nervöschen ist nervös. Es passt immer auf. Nervös ist nicht mal das richtige Wort, es ist eher paranoid und glaubt, alles könnte eine potenzielle Gefahr sein.

Das fängt schon auf dem Putzplatz an. Oder vielmehr auf dem Weg. Denn jemand hat eine blaue Tonne in die Stallgasse gestellt und die wird nur trötend und schnaubend umkreist, allerdings erst nach dem vierten Anlauf, mit eingekniffenem Hintern und einem drohenden Huf in Tonnenrichtung. Denn das Nervöschen hat gesehen, dass in der Tonne Uran gelagert wird und es möchte keine Strahlenkrankheit bekommen. Frauchen soll die bitte auch nicht bekommen, denn das Nervöschen meint es ja nur gut.
Am Putzplatz selbst darf man weder die Putzkiste zu laut aufmachen, noch Sachen fallen lassen, denn dann weiß das Nervöschen gleich: Hier sind Monster. Es sieht alle Pokémon auch ohne Handy. Und das ist ja die Abkürzung für Pocket Monster … Monster sind eben Monster.

Satteln darf man, aber bitte nicht zu laut mit den Bügeln klimpern. Oder der Trense. Auch nicht Husten oder Niesen. Schrecktraining bringt nämlich beim Nervöschen knapp einen Monat was, danach steht es wieder unter Strom.
Andere Mitreiter und Pferde werden kritisch beäugt, während die Ohren des Nervöschens permanent auf Empfang sind. Mit diesen Ohren bekommt es sogar russische Sender aus der hinterletzten Ecke Sibiriens rein, wenn es will. Und die Russen scheinen Death Metal zu spielen, denn manchmal gibt es keinen hör- oder sichtbaren Grund, warum das Nervöschen ausflippt.

Zum Beispiel auf dem Weg in die Halle. Da haben die Russen scheinbar gerade zum dritten Weltkrieg aufgerufen, denn das Nervöschen reißt sich los und dreht panisch eine Runde in der Halle, bevor der Reiter es einsammeln kann.
Anschließend geht es eine Runde manierlich, weil den Nervöschen ihre Auftritte manchmal selbst unheimlich sind. Aber es hört natürlich weiter sibirisches Radio im Kopf, sieht Pokémon und auch satanische Zeichen im Hallensand.

Die sind prompt das nächste Problem. Da hinten ist ein Pentagramm (sehr klein) in den Sand gemalt, da wollen wir nicht mehr drüber. Und hier … also nein, das geht auch nicht, da ist der Geist der vergangenen Weihnacht. Der steht da direkt auf dem Hufschlag bei A.
Nicht umsonst sieht man viele Nervöschen-Reiter auf dem Mittelzirkel herumdümpeln, weil ihr Pferd ein Argument gegen jede Ecke besitzt. Vielleicht ist es auch im Monk-Modus und hat ein Problem mit allem, was nicht rund ist.

Typisch beim Reiten ist der Nervöschen-Hals. Er ist leicht gebogen, sieht auch nett aus. Außerdem schnaubt das Nervöschen beim Reiten wie eine Dampflok. Die Augen sind glotzig und es kann auch auf dem Zirkel sich wunderbar in Außenstellung bewegen, falls die Pokémon gerade Plumpssack außerhalb des Zirkels spielen.
Galopp ist eine heiße Angelegenheit, denn das Nervöschen fällt schnell in den Fluchtmodus und ist gar nicht ansprechbar. Deswegen fällt der auch manchmal bei einem besonders genervten Reiter aus. Das Nervöschen ist sowieso immer zu schnell unterwegs.

Trockenreiten ist auch nicht entspannt. Denn das Nervöschen ist auch nach getaner Arbeit wachsam. Oder paranoid, wie man es eben nimmt. Und die Ohren stehen auch immer noch auf Empfang. So fallen die meisten Reiter dann beim Trockenreiten von ihrem Nervöschen, weil sie doch überrascht sind, wie ein komplett verschwitztes, japsendes Pferd noch SO aufdrehen kann.

Foto: Kein Nervöschen … sonst hätte ich ihn in die Babyklappe gesteckt.