Reiter sind nicht einfach mal happy mit dem was sie haben, ne, sie wollen gerne immer mehr. Und sie wollen es vor allem der Welt mitteilen. Am besten via Facebook, aber es tun auch die Google Bewertungen für Tierärzte, Schmiede, oder sonst was. Nicht wissend (oder ignorierend), dass sie damit wirklich jemandem schaden könnten. Und falls sie es wissen, fühlen sie sich in ihrem Zorn auch noch absolut im Recht!

Glaubt ihr nicht? Ist aber so. Ich habe einen Tierarzt, hier um die Ecke. Für Kleintiere. Eines Tages war also eines unserer Kaninchen krank und wir hatten hier noch keinen Tierarzt für die Nager. Also schnell gegoogelt, wo denn einer ist. Tja, um die Ecke. Aber der hatte nur einen Stern mit einer absolut empörten Mahnung, dort NIEMALS hinzugehen, denn: „Hat unverschämt viel Geld für das Einschläfern meines Hamsters genommen und es dann auch noch falsch gemacht.“ Frage mich, was da falsch gelaufen ist. Lebt der Hamster noch? Präzise Infos?
Trotzdem, in meinem Kopf ratterte es bereits – ne, da gehste nicht hin.

Habe also nun einen anderen Tierarzt. Der war auch schon mal nicht hilfreich und das Tier ist auf dem Rückweg verstorben. Habe ich ihm deswegen eine empörte Bewertung geschrieben? Oder gar behauptet, er hätte das Kaninchen getötet? Nö. Habe ich ihm eine gute Bewertung geschrieben? Auch: Nö. Weil man ja eigentlich immer erwartet, dass der Tierarzt seinen Job gut macht. Weil wir unseren ja auch gut machen.

Und das ist eine Lüge. Jeder macht in seinem Job Fehler. Es ist blöd, wenn der ausgerechnet dann bei meinem Pferd passiert – nur ist das wohl eher die Ausnahme, denn es kann mir keiner erzählen, dass da einem Tierarzt reihenweise die Pferde sterben. Am besten wöchentlich. Und gerade diese Tiearztgeschichte, die ist dann doch irgendwie heikel. Denn der Tierarzt kann ja nur Anweisungen und Medikamente geben. Ob das dann alles so befolgt wird, ist aber meist fraglich. Tja, und was dann? Dann war der Reiter zu faul dreimal noch in der Nacht wiederzukommen und dem Pferd was zu geben und wenn es dann tot in der Boxe liegt, dann ist es der Tierarzt schuld. Anwaltsdrohungen und mindestens eine schlechte Bewertung sind die Folge.

Dass der Tierarzt vorher fünf Mal Lahmheiten, Koliken und andere Gebrechen perfekt behandelt hat, sodass das Pferd keinen bleibenden Schaden hatte – nö das wird ignoriert und als selbstverständlich hingenommen. Dafür ist der ja da! Dankbarkeit der Kunden kommt jedenfalls nicht in der Jobbeschreibung vor.

Und nicht nur Tierarärzte trifft es – vor allem Dienstleister rund um Tiere, speziell Pferde haben es nicht leicht. Schmiede werden auf Facebook gefressen und vor ihnen gewarnt. Viel zu kurz hat der geschnitten! Jo, passiert. Da stirbt jetzt ausnahmsweise das Pferd wirklich mal nicht dran. Es ist ärgerlich. Aber wenn mir das wirklich so viel ausmacht, dann suche ich mir fürs nächste Mal einen anderen Schmied, wenn das so empörend ist. Meiner hat auch schon mal zu kurz geschnitten. Daraufhin hat er nachgebessert (auf seine Kosten), Platten drunter gepackt und gut war es. Ich verliere kein Geld dadurch, dass ich jetzt ein bisschen kürzer treten muss mit reiten. Der Schmied, durch die Negativbewertung, die manche Reiter sofort reinknallen sehr wohl. Und das dann von Reitern, die keine Ahnung haben. Schmied kommt alle drei Monate und soll den lahmen Gaul wieder fitmachen? Ja, wie, das kann der nicht? Abmahnen, verklagen, schlecht bewerten.

Dass der vorher einfach alles angestellt hat um den verzogenen Sack von Pferd, der ständig die Hufe wegzieht und beißt, anständig zu beschlagen, damit Frau von und zu durch die E-Dressur gurken kann – und auch noch Sonntags morgens vor dem Turnier antanzt um abgetretene Eisen (weil schon seit 3 Monaten dieselben) anzutackern – ach, das wird ignoriert. Das ist absolut selbstverständlich.

Und wir reden hier nicht von wirklich schlimmen Dingen, wo wirklich jeder Mensch gewarnt werden müsste. Wir reden hier von Kleinscheiß. „Hat nicht Gesundheit gesagt, als ich geniest habe!“ – 1 Stern bei Google. Oder: „Hat nicht freundlich mit meinem Pferd gesprochen – Pferdehasser – kann ich NIEMANDEM empfehlen!“.
Wären es doch wenigstens schlimme Dinge, vor denen gewarnt ist. Konkret – dann wären so Bewertungen auch hilfreich. Und schön wäre es, wenn sich jemand darüber aufregt, dass sein Tierarzt dumm ist, dann auch dumm richtig schreibt und nicht „duhm“.

Eigentlich wüsste ich gerne, wo die ganzen Motzebacken arbeiten. Die immer nur konsumieren und sich beim kleinsten Fehler als so erhaben fühlen, dass sie sich zum Richter aufschwingen. Ja, ich wüsste es wirklich gerne. Um bei denen eine Dienstleistung zu erfragen. Ich würde jeden Tag kommen. Und darauf warten, dass sie einen Fehler machen. Und dann kriegen sie auch so eine nette Bewertung.
„Finger weg, absolute Vollidioten am Werk!“ Geht auch bei Aldi an der Kasse. Ist absolut Wurst wo.

Denkt beim nächstem Mal daran, wenn ihr irgendetwas schlecht bewerten wollt: Habt ihr überhaupt schon mal etwas gut bewertet? Und wie schlimm ist der Fehler, gemessen an dem, was ihr sonst immer hattet? Dann erledigt sich der Hasspost, bei dem auf jeden Fall jeder Mitreiter gewarnt werden muss, meist von ganz allein.

Foto: Hasst seine Bandagen. Ich auch.