Gestern erreichte mich eine Email “Schreib doch mal was über Alte, weiße Männer” im Reitsport. Von einem alten, weißen Mann. Die Email war nett, also machen wir heute ein Wunschkonzert. Sprechen wir über alte, weiße Männer. Da kann man schon sofort ein Liedchen singen, wenn man sich im Rennsportkreisen bewegt, aber halten wir mal fest – sie sind überall. Was schon absurd ist, denn ständig ist Reiten als Frauensport verschrien. Muss wie mit dem Kochen sein. “Frauen an den Herd”, aber in Restaurants sind’s häufiger Männer. Und jeder Stall hat auch seine alten, weißen Männer. Manche sind Charmeure der alten Schule, manche grummelige Männer mit Bart. Und nein – alte Männer sind nicht automatisch alte, weiße Männer. Da gibt es einen Unterschied.

Besagte Exemplare leben hin und wieder in einer etwas antiquierten Welt. So kennen sie zwar richtig tolle Hausmittel, wenn das Pferd dies oder das hat, sind aber andererseits gerne überhaupt nicht bereit, nach dem “warum” zu fragen, wenn das Pferd sich gegenteilig von dem gibt, wie es sonst ist. Das Pferd buckelt in einer Tour? Nein, dem tut nichts weh, das ist nur renitent. Dann muss man das eben mal richtig anpacken! Ja, nicht mit diesem Hausfrauenschischi, sondern richtig! Wie ein waschechter Mann. Was bei einigen Exemplaren heißt, dass das Pferd jetzt grinst, während die Zügel aus Beton sind. Und wenn eins der pimmellosen Geschöpfe sagt: “Ja, aber …” dann ist das wie Meeresrauschen – ein nettes Hintergrundgeräusch ohne Inhalt. Was hat die gesagt? Interessiert ihn nicht.

“Diesen neumodischen Unsinn”, fangen sie sowieso nicht an, dass sie da jetzt einen neuen Zaum draufpacken, wenn dem Pferd das gute alte Hannoversche nicht passt, dann hat’s eben Pech – wird sich schon dran gewöhnen.
Widerspruch ist nicht – weder vom Pferd noch von Reiterinnen. Andere Männer dürfen den alten weißen Männern aber was sagen. Da die in ihrem geheimen Kodex allerdings alle dasselbe unterstützen und ablehnen, ist das eigentlich nur ein “auf die Schulter klopfen” und das war’s dann auch. Danke fürs Gespräch.

Eigentlich lieben sie Pferde ja auch. Nur haben sie eben diese besagten antiquierten Ansichten. Da muss man sich dann von so einem anranzen lassen, wenn das Pferd vor dem Turnier auf der Weide ein Eisen verliert. “Ja, dann stellt man es auch nicht raus! Entweder hat man ein Turnierpferd oder ein Weidepferd!”. Und alle Männer mit Bart nicken in ihr Bier, während die Damen da stehen und Fragezeichen im Kopf haben. “Turnierpferde” (wir reden hier von einem A-Springen) dürfen nicht raus, weil …? Gut … ja, lächeln und nicken. Die alten, weißen Männer möchten natürlich auch nicht, dass es einem Pferd schlecht geht. Aber sie haben eben manche Dinge immer so gemacht und deswegen hat jetzt alles auf ihr Kommando zu hören und wer das nicht tut – der wird halt mit einem überheblichen Schmunzeln bedacht und dann ist gut.

Hin und wieder fürchten sie sich auch. Vor dem Fortschritt, diesem Schlingel. Der ist so divers und bedeutet häufig auch, dass nicht nur alte, weiße Männer mit wichtigen Dingen betraut werden, sondern auch andere Meinungen gehört werden – und sogar zählen. Uhh, das mögen sie nicht so gern. Hat doch früher immer so geklappt, warum was ändern? Sie meinen es nicht mal böse. Sie merken das nur nicht. Weder, dass sie privilegiert sind, noch, dass die Zeit ihnen diese Privilegien raubt und Dinge sich rasant verändern, wenn die Gleichmacher nicht mehr am Zug sind. Auch in der Pferdehaltung. Manche haben eben aufgehört zu lernen, wenn sie einem gewissen Klischee entsprechen. Sie sind schließlich alt. Und alt heißt weise. Und weise klingt fast wie weiß.

Foto: Ist auch ein alter, weißer Mann (innerlich)