Ich war schon recht früh mit Westernreitern konfrontiert, als das noch gar nicht so hip und trendy war. Allerdings auch so, dass ich unter Garantie nicht wusste, was die da treiben.
Irgendwann hing nämlich ein Plakat im Stall: „Westernturnier.“ Öhm … was? Wer? Zu einer Zeit, wo Pferde maximal Dressur und Springen gingen, kommen die mit so was um die Ecke?

Dank Unwissen malten wir uns also schon Kuhtransporter aus, damit die jetzt mal das Lasso schwingen dürfen. Aber es kamen gar keine Kühe. Oder doch, die kamen auch, entpuppten sich allerdings als Pferde. Waren auch nicht so unendlich viele, aber immerhin waren die nett. Mehr oder minder. Die Abreitehalle war natürlich für uns tabu, aber Westernreiter mögen entweder keine Hallen, oder können nicht lesen, denn plötzlich waren der Todesstern und ich auf dem Platz umringt von Kühen. Und der Todesstern mag nur eine Farbe: Schwarz wie ihre Seele.

Während also in der Halle die Prüfungen abliefen, lief auf dem Platz eine Prüfung an der ich gar nicht teilnehmen wollte: Mensch ärgere den Todesstern nicht. Eine Prüfung in drei Akten.

Akt I: Eine der Westernturnierreiterin erspäht mich zwischen all den bunten Pferden. Wir erinnern uns: ich bin kein Westernreiter und der Todesstern trägt einen Dressursattel. Und Gamaschen. Und eine blaue Schibbi-Schabbi.
Sie bremst abrupt ihr Pferd neben mir. „Reitest du beim Turnier mit.“
Sehe ich irgendwie auch nur ansatzweise so aus?
Sage aber artig: „Ne, ich reite hier nur.“
„Das ist der Abreiteplatz“, belehrt die fremde Frau mich in der Reitanlage, in der ICH reite.
„Nein, der ist in der Halle. Steht auch dran. Deswegen bin ich ja hier.“
Sie macht dicke Backen und lässt die Kuh wegzackeln. Soll das Trab sein? Ja, muss wohl. Todesstern seufzt tief. Wie sie diese bunten Pferde hasst. Das nächste, das ihr zu Nahe kommt, das beißt sie. Verspricht sie mir nonverbal gerade hoch und heilig.

Akt II: Ich versuche ein wenig zu galoppieren, aber mit fünf sich drehenden Westernreitern auf dem Platz ist das gar nicht so einfach. Und Bahnregeln sind offensichtlich auch nicht bei denen angekommen. Ich beobachte irgendwann, unter Vortäuschung, dass ich noch mal neu nachgurten muss von der Mitte aus. Dabei fällt mir auf: Es gibt sehr wohl Bahnregeln, aber die gelten nicht für alle. Mittlerweile sind es 7 Westernreiter, die nicht lesen können, oder einfach der Masse gefolgt sind. Zwei von ihnen wirken selbst etwas verloren und es gibt schließlich den erwarteten Zank, weil sie einander in die Quere kommen. Ist also eigentlich doch alles wie bei allen Pferdemenschen auch.
Leider zanken die so doll und böse, dass die eine beleidigt wegreitet. Nase ist allerdings so hoch in den Wolken, dass sie im gestreckten Galopp auf den Todesstern zufetzt. Und die findet das gar nicht lustig. Normalerweise kann die ja nicht steigen, aber die macht einen Satz nach vorn und droht mit den Ohren im Genick dem bunten Pferd: Komm mir zu nahe und es gibt neue Flecken: Blaue Flecken!
Da werde ich dann vom Platz gestellt. Jedenfalls wenn es nach dem Lynchkommando der drei Hochnasenwesternreiterinnen geht: Was ich denn hier überhaupt mache, der Platz wäre fürs Turnier gesperrt.
Mich errettet eine offenbar lesende Westernreiterin, allerdings am Boden, die stellt sich nämlich vor den Eingang und pfeift die Hühner zusammen: „Hallo, könnt ihr nicht lesen? Abreiten ist in der Halle!“
Es ist die Reitlehrerin der drei Grazien, die sich tausendmal bei mir entschuldigt. Ich winke ab, sie kann ja auch nix für ihre Zöglinge.
Eine andere fragt: „Ist das okay, wenn ich hier Schritt reite? Ich bin fertig.“
Bin besänftigt. Gibt also doch normale Reiter hier.

Akt III: Ich bin fertig – muss aber natürlich auf den Putzplatz zurück, der zwischen Abreitehalle und Prüfungshalle liegt. Ich will wirklich nur schnell meinen Sattel weghängen, alles andere kann ich auch in der Box. Nein, kann ich nicht, wie mich eine Reiterin belehrt. Hier ist ja Prüfung. „Ja, aber nicht hier auf dem Putzplatz. Ich bin gleich wieder weg.“
Eine nette Westernreiterin tätschelt am Todesstern herum. „Die ist aber schlecht gelaunt.“
„Immer.“
Schnappt auch prompt nach der Frau. Die lacht zum Glück. „Ach, so was hab ich auch.“ Dann tätschel doch keine fremden Pferde! Gnah. Hänge den Sattel zurück, da haben sich noch zwei Tätscheltanten eingefunden. Es grabbeln gerade DREI Leute an ihr herum. Das ist viel zu viel, sie schmeißt sich nach hinten. Bekomme gerade noch den Panikhaken zu fassen, der Todesstern ist ja nicht doof, die lässt dann sofort locker, um dann in den Vorwärtsgang zu schalten (kenne das schon). Hänge mich mit allem Gewicht ins Halfter, als sie also lossprintet und bringe sie gerade noch so zum stehen. Die Tätscheldamen murmeln was von Bodenarbeit. Ich murmle was von: „Fummel nicht an fremden Pferden rum.“ Haben wir also alle unsere Meinung.
Trense liegt immer noch auf dem Boden. Eine andere Turnierreiterin kommt vorbei und fragt, ob sie kurz halten soll. Ich nicke dankbar, fummle den festgezurrten Strick aus der Öse und nehme die Trense mit zur Box. Und die normale Westernreiterin auch. Die mag ich behalten.

Foto: Kann man auch so antatschten. Ist aber sexuelle Belästigung.