Pferde haben tausendundeine Möglichkeiten, sich zu verletzen. Und sie tun das auch. Manchmal schlimm, manchmal weniger schlimm, aber sie veranlassen ihren Reiter ständig dazu, Sherlock Holmes zu spielen, denn irgendwie muss man doch rausbekommen, wo das Pferd sich fast das Auge ausgestochen hat, obwohl man auf den ersten Blick gar nichts findet.
Wir sitzen da, beobachten und nichts fällt uns auf. Holen wir die Lupe, finden wir plötzlich Haare an einem tiefhängenden Ast, oder an einem Stein der ungünstig liegt.

Mein Pferd zum Beispiel, der hat immer Schrammen. Er spielt wild, er hat ein Pony als Kumpel. Logischerweise sind Schrammen nur bis maximale Ponyhöhe und auf Kopfhöhe zu finden, da er den ja runternimmt, um seinerseits das Pony zu zwicken.
Er hat sich außerdem irgendwann mal das Karpalgelenk aufgeschlagen. Nicht sonderlich doll. Vernarbt ist es trotzdem. Dann hat er sich die Narbe aufgefetzt. Wie er beides davon gemacht hat … ich habe schlichtweg keine Ahnung.
Außerdem hat er sich auf beiden Fesselbeinen vorne irgendetwas so geratscht, dass das Fell jetzt weiß nachwächst. Die Wunden waren weder tief, noch war er lahm. Das muss irgendwann diesen Winter passiert sein. Er hatte da immer ein bisschen Schorf drauf.
Jetzt hat er zwei fesche Adidas Streifen. Weiß nicht woher. Ich wollte eh immer ein Pferd mit vielen Abzeichen!

Auch im Hänger hat er es schon geschafft, seinen Hintern unter die Stange zu schieben. Und sich dabei den Pöppes aufzuratschen. Inklusive Decke. Weiß nicht, wie er das gemacht hat. So eine Stange ist rund. Manchmal scheint er förmlich zu schreien: „Hey, Tod, nimm mich!“ Wir sind auch schon beim Steigen in den Zaun gefallen. Oder haben uns einen Ratsch auf Augenhöhe zugezogen. An … weiß ich nicht. Bei uns ist doch schon alles kindersicher.

Andere Pferde haben das aber noch viel mehr drauf. Pferde, die mal gucken wollen, ob ihr Huf wirklich durch das Gitter der Heuraufe passt. Oder ob man eigentlich unter der Startmaschine durchpasst. Vielleicht auch: Was passiert eigentlich, wenn ich mich am Putzplatz mal erhänge.
Ist dieser Stromzaun denn wirklich unter Strom? Was passiert, wenn ich mir die Litze um die Beine wickle?
Wir Reiter schauen uns die Orte, wo unsere Pferde sich befinden, immer sehr genau an. Damit wir schon mal alle Gefahrenquellen aushebeln können. Aber wir finden sie nie alle.

Und dann ist da ja noch der nächste Risikofaktor: Die anderen Pferde. Ich sehe das pragmatisch: Hauptsache mit Kumpels draußen. Wenn er sich dabei wehtut, dann ist das so und überlegt sich vielleicht, ob man das noch mal machen muss (da Pferd ein Goldfisch ist: Ja, er macht das sofort noch mal).
Wenn er sich dabei wehtut und er mal ein paar Tage dann nicht geritten werden könnte … ja, dann ist das so. Ich sterbe doch nicht daran. Hauptsache, der hat Spaß.

Andere Pferdebesitzer nehmen das persönlich. Früher waren wir mal ganze sechs Pferde im Stall. Eine hielt nur vier Wochen. Aus diversen Gründen. Auch, weil sie unsere Schimmelbesitzerin angepampt hat, weil die böse Schimmeline ihr Pony angeknuspert hat. Dooferweise auf der Sattellage. Passiert halt mal. Aber dann kann sie ja nicht reiten. Jammernd hat sie das jedem kundgetan. Zwar sonst nie mit dem Rest gesprochen, aber ja, das musste sie leidend erzählen. Böse Schimmeline! Böse Schimmelinenbesitzerin. Hat die dem Pferd bestimmt gesagt.
Das geht doch nicht, jetzt kann man nicht reiten.

Manche Leute sollten vielleicht doch auf Barbiepferde umsteigen, wenn ein großes Tier, wie das Pferd, sich niemals verletzen darf, nur damit der Reiter auch weiterhin jeden Tag reiten kann.
Barbiepferde gehen nämlich nicht kaputt.Obwohl … wirft man die alle in eine große Kiste, könnte bei dem Hartplastik auch mal ein Bein abbrechen.

Foto: Hilfe, der Nachbar hat Musik an. Er mag keine arabische Musik, so viel ist schon mal klar.