Wir wissen ja mittlerweile, dass Reiter grundsätzlich extrem vergesslich sind, daher zweihundert Mal im Stall hin und herrennen, um irgendetwas überhaupt zu tun und sich auch nicht die Namen der Mitreiter merken können. So schlau sind wir ja mittlerweile. Dooferweise gibt es noch ein Alzheimerstadium darüber hinaus. Das ist noch schlimmer, weil es dem Reiter erst dann auffällt, wenn er sich selbst reflektiert – oder in Foren und in Facebookgruppen mal auf die Idee kommt, seine Beiträge nachzulesen.

Denn: Reiter erzählen alles hundert Mal. Und es fällt ihnen verdammt noch mal nicht auf! Gott, ist das schlimm. Und ich selbst bin da auch keine Ausnahme, ich achte nur auf meiner Seite darauf, dass das nicht passiert. Aber wenn ich mit Leuten rede? Pfff … was weiß denn ich, ob ich denen schon mal die Geschichte erzählt habe, wie ich mir den Hintern geprellt habe – im Zweifelsfall sowieso: Ja, die Geschichte habe ich schon erzählt!
Ganz unangenehm wird es, wenn man selbst dann irgendwann merkt: „Scheiße, dieselbe Geschichte hast du jetzt im Abstand von ein paar Monaten mehrfach in dieser Gruppe erzählt, oder in diesen Thread gepostet.“ Da kommt man sich dann so richtig dämlich vor.

Noch kurioser wird es, wenn man langsam anfängt, sich kennenzulernen. Da braucht dann nur einer einen Thread oder Post mit: „Hey, erzählt mal eure lustigsten Geschichten rund ums Pferd!“ – aufzumachen und Boing: Ich kann genau sagen, dass Susi Sorglos jetzt bald erzählt, wie sie vom Ponyhengst bestiegen wurde und Eva Erfolglos in den Richtertisch gekracht ist. Und ich nehme ihnen das auch gar nicht krumm. Weil ich wahrscheinlich vorher schon zehn Mal die Geschichte meiner Hinternprellung aufgetischt habe.

Das Allerseltsamste daran ist aber: Es muss ein Knigge existieren, nachdem Reiter das einfach ignorieren und das nie jemandem sagen würden. Die nicken auch zehn Mal nach derselben Geschichte, sei es lustig oder dramatisch. Selbst, wenn die die schon hundert Mal gehört haben. Sie lachen auch immer noch. Sind die ein bisschen komisch? Ja!

Die Leute, die an dieser Version des Reiteralzheimers leiden, die haben es ja auch nicht einfach, denn sie merken es schlichtweg nicht. Und weil die Umwelt sie auch nicht darauf hinweist, können sie gar nicht auf den Trichter kommen, dass sie sich wiederholen.
Aber halt! Dann kommen die Lümmel, die die armen Alzheimerreiter ausnutzen. Die, die glänzen müssen und jedem und allem dieselbe Grütze aufs Brot schmieren müssen.
Diese besondere Form macht das bewusst. Und natürlich nur mit tollen Sachen.

Die lauern einem im Stall auf und springen aus Ecken, nur damit sie einem zum zehnten Mal erzählen können: „Meine Mama hat mir endlich ein Pferd gekauft. Der ist von Doofkopp, aus der Kopfzueszieht! Ist das nicht geil?“ Nein … jedenfalls nicht nach dem dreihundertsten Mal.
Oder sie schleichen sich heran und warten darauf, dass jemand ein Stichwort gibt. Das kann völlig am Rande mal fallen und mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun haben, aber sie nutzen es aus. Jemand hat Turnier gesagt?
„Also ich habe ja mal auf dem Turnier in Übertreibungsdorf mit einem dreibeinigen Friesen das S-Springen gewonnen, obwohl der eigentlich ein Schlachtpferd war.“
Aha … Die Geschichte kennt dann auch jeder schon. In diversen Versionen. Manchmal wars dann kein Friese und manchmal hatte der auch gar nicht drei sondern fünf Beine.

Denn im Gegensatz zu den Alzheimerreitern, die ständig dieselbe Geschichte erzählen, variiert die der Angeber erstaunlicherweise immer wieder, sodass man neue Facetten kennenlernt. Vorher war es dann der dreibeinige Friese. Später ist es der achtbeinige Sleipnir und anschließend war außerdem noch ein Tornado und ein Tsunami (auch wenn man nicht am Meer ist) und der Friese (jetzt ist es wieder einer), hat noch im Vorbeigehen die Welt gerettet, indem er den Avengers während des Springens beigetreten ist. Daher ist seine Reiterin jetzt Friesengirl, mit den Superkräften der totalen Übertreibung.

Falls euch also das nächste Mal wieder jemand dieselbe Geschichte erzählt: Lächeln und nicken. Ich wette, ihr habt dieser Person auch mehrfach dieselbe Story aufgetischt. Schweigendes Einverständnis hilft. Oh, und falls es so eine Übertreibertrulla ist: Bittet sie darum, die Geschichte jedes Mal zu erzählen, wenn ihr sie seht. Dann habt ihr wenigstens was zu lachen.

Foto: Totale Begeisterung dank Doppellonge.