du bist mit MIR hier eingesperrt … Frei nach Rorschach interpretiert, interpretieren sich das auch manche Pferde für ihren persönlichen Rückzugsort. Das kann die Box sein, die Weide, der Roundpen, der Offenstall oder der Paddock.
Und es nervt. Nichts nervt mehr, als zur Begrüßung erst mal ein paar Hufe um die Ohren geklatscht zu bekommen, nur weil dieses Pferd nie Benehmen gelernt hat.

Es nervt wahnsinnig, vor allem als arbeitender Part der Reiterbevölkerung, der nämlich mit besagten Pferden zwingend zusammenarbeiten muss. Im Rennstall kann man die sich noch erziehen. Aber selbst da gibt es Trainer, die das nicht wirklich interessiert. So musste ich schon eine Kollegin zum frisch aufgebauten Sani Zelt schleppen, weil sie die komplette Hand, dank Alueisen, aufgeschnitten hatte. Der Hengst dachte sich nämlich: You shall not pass!
So viel zum Versuch ein Halfter aufzuziehen. Und die ganze Stallgasse war fast ausnahmslos unerzogen. Jippie, da ist man doch gerne Arbeitnehmer.
Bei den meisten dürfen sich die Arbeitsreiter jedoch die Pferde erziehen, wie sie das für richtig halten. Natürlich nie, wenn der Besitzer daneben steht.

Schlimmer wird es, wenn man im Pensionsstall arbeitet. Denn da haben die Besitzer direkt mit den Arbeitern zu tun, und wenn man sich dann einen aufdringlichen Wallach oder eine kickende Stute zur Not auch mit dem Besen vom Hals halten muss, dann rasten die Besitzer aus und erzählen Geschichten wie: Die schlagen da die Pferde! Ja, weil DU es versäumt hast, dem ein Grundmaß an Respekt beizubringen. Dann müssen wir uns eben auch selbst verteidigen. Ich lass mich doch nicht von andererleuts Pferden kaputttreten.

Da stehen sie und tüddeln ihre Schätzchen, kichern noch, wenn das Monster mit angelegten Ohren aus dem Paddock rein in die Box schießt, nur weil ein Mitarbeiter mal eben kurz durchmisten wollte. Frage mich, über was die Leute sonst noch so lachen? Armut? Kinder in Afrika? Verbrennungen dritten Grades?
Das ist ein Pferd. Und das wiegt gerne mal bis zu 1000 Kilo. Wenn das auf irgendwen losgeht, nur weil ihm ein Furz im Kopf quer sitzt, dann bin ICH die erste, die das ihm so was von abgewöhnt. Wir haben kleine Kinder im Stall. Davon abgesehen, würde meiner so was nie machen. Aber es reicht ja schon, dass er beim Schmied Tamtam macht.
Entsprechend bin ich immer dabei und tue alles dafür, dass der Schmied seine Arbeit verrichten kann und am Ende auch gesund bleibt.

Kann ich doch irgendwo auch von anderen Leuten verlangen. Sogar der Todesstern ist nicht einfach auf Leute in der Box oder auf der Weide losgegangen. Und die fand generell Menschen so auf einer Stufe mit Spinnen oder Ratten. Getraut hätte sie sich so was aber nie. Dementsprechend konnte ich auch nie zustimmen, wenn mal wieder jemand sagte: Die ist aber gefährlich. Nein, gefährlich wird es nur dann, wenn das Pferd mir wirklich ernsthaft ans Leder will. Total unbegründet, nur weil ich durch das Tor gehe. Und das hätte sie nie gewollt.

Dienstleister leben noch gefährlicher. Wieso lasse ich mir einen Sattler kommen, wenn ich ein Pferd habe, dass man am Putzplatz nur mit Sedierung anfassen kann? Wie soll da jemand Fremdes einen Sattel montieren?
Wie soll ein Tierarzt impfen, wenn das Pferd tretend und beißend in der Box ausrastet? Und wie können Leute erwarten, dass der Dienstleister das erstens: Weiterhin toleriert – und zweitens: Das Pferd nicht irgendwann maßregelt oder gar so fiese Dinge wie die Bremse anschleppt.

Wenn ihr also das nächste Mal euer zickendes und tretendes Pferd ja sooooo süß findet, überlegt mal, wie unsüß das für alle anderen ist, die mit eurem Pferd zu tun haben. Und falls das dann immer noch süß ist: Werdet doch einfach Selbstversorger.

Foto: Sooooo süß.